AllgemeinDatenschutzIT-SicherheitNetzpolitikTelemedienrechtUrheberrecht

File-Hosting Dienste – Ein grundsätzlich schützenswertes Geschäftsmodell in der Haftungsfalle?

File-Hosting-Dienste, oftmals auch Filehoster oder Sharehoster genannt, bezeichnen solche Cloud Computing Dienste, die Speicherplatz im Internet entgeltlich oder unentgeltlich zur Verfügung stellen. Nach Hochladen einer Datei auf den Server des Sharehosters wird bei manchen Anbietern ein individueller Link auf die entsprechende Datei generiert, den der Nutzer – falls gewünscht – an beliebig viele Adressaten versenden kann. Diese können sodann ihrerseits durch Anklicken des Links auf die entsprechenden Inhalte über ihren Webbrowser direkt zugreifen.

So praktisch diese Dienste sind (gerade bei speicherintensiven Inhalten, die ein Mail-Programm überfordern), so umstritten sind sie. Weil sie von Nutzern über sog. „Linklisten“ mitunter zum Verbreiten von urheberrechtlich geschütztem Content ausgenutzt werden, sind sie den Rechteinhabern seit Jahren ein Dorn im Auge. Ein Vorgehen gegen den File-Hosting-Dienst anstatt gegen die zumeist nur mühsam bis gar nicht auffindbaren Verursacher und Nutznießer der Rechtsverletzung scheint nahezuliegen. Dennoch stellen sich in diesem Zusammenhang zahlreiche Rechtsfragen u.a. aus den Bereichen des Verfassungsrechts, des Strafrechts, des Datenschutzrechts und des Urheberrechts.

Die Forschungsstelle für IT-Recht und Netzpolitik an der Universität Passau – kurz For..Net – hat sich umfassend mit File-Hosting-Diensten auseinandergesetzt und ein wissenschaftliches Gutachten zu den Rechtsfragen bei Sharehostern – speziell am Beispiel von uploaded.net – im Auftrag der Cyando AG erstellt. Die wesentlichen Forschungsergebnisse werden hier zusammengefasst, das Originalgutachten kann über den Download-Link am Ende des Beitrags eingesehen werden.

Das Geschäftsmodell eines File-Hosting-Dienstes wird grundsätzlich – ungeachtet von seiner konkreten Ausgestaltung im Einzelfall – von der Rechtsordnung gebilligt. Vor dem Hintergrund der grundrechtlich geschützten wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit kann ein Unternehmen innovative Dienste, für die ein Markt besteht oder eröffnet wird, entwickeln und anbieten. Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, diese Betätigung im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes einschränkend zu regulieren, soweit schutzwürdige Interessen eine solche Einschränkung erfordern.

Für die Tätigkeit und die legalen Nutzungsmöglichkeiten von File-Hosting-Diensten besteht sowohl in technischer als auch in wirtschaftlicher Hinsicht ein erhebliches Bedürfnis. Die dezentrale Verwaltung von (Medien-) Dateien und die Möglichkeit, diese mit anderen Menschen auf schnellem und einfachem Wege zu teilen, ist fundamentaler Ausdruck der digitalen Gesellschaft des 21. Jahrhunderts neben Diensten wie YouTube, Facebook oder Wikipedia.

Das Angebot eines Sharehosters kann in vielfältiger Weise auf legale Art genutzt werden, zum Beispiel als virtueller „Backup“-Speicherplatz oder zum flexiblen Datenaustausch im privaten und geschäftlichen Bereich. Bei virtuellem Speicherplatz, sogenanntem „Webspace“, handelt es sich um eine neutrale und multifunktionale Ressource.

Die bloße Zurverfügungstellung eines solchen neutralen Gutes kann deshalb als solche nicht haftungsbegründend wirken, selbst wenn ein Teil der Nutzer beabsichtigt dieses Angebot für (Urheber-) Rechtsverletzungen zu missbrauchen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn durch die konkrete Ausgestaltung im Einzelfall Rechtsverletzungen auf Seiten der Nutzer in erheblichem Umfang Vorschub geleistet wird (sog. signifikante Risikoerhöhung).

Ein File-Hosting-Dienst haftet durch die bloße Bereitstellung der Plattform strafrechtlich weder als Alleintäter noch als Mittäter. Auch eine Gehilfenhaftung durch positives Tun scheidet aus. Zwar liegt ein faktisches Hilfeleisten durch eine neutrale Handlung vor, jedoch fehlt es mangels Kenntnis bezüglich der konkret drohenden Haupttaten am erforderlichen doppelten Gehilfenvorsatz. Ebenso wenig haftet er als Gehilfe durch Unterlassen für die Urheberrechtsverletzung der Nutzer nach § 19a UrhG. Nur für den Fall, dass ein Dienst ignorant und über einen längeren Zeitraum den berechtigten Löschungsersuchen eines Rechteinhabers nicht nachkommen würde, wäre Beihilfe durch Unterlassen denkbar.

In Betracht kommt aber eine Störerhaftung, wenn der Dienst als Intermediär durch die Zurverfügungstellung von Speicherplatz auf der Online-Plattform in irgendeiner Weise willentlich kausal an der Herbeiführung oder Aufrechterhaltung einer rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat, sofern es ihm tatsächlich und rechtlich möglich sowie zumutbar war, eine konkrete Rechtsverletzung zu verhindern. Dies setzt die Verletzung von Prüfpflichten als Haftungsbegründung voraus. Die Bestimmung der Reichweite solcher Kontroll- oder Prüfpflichten erfordert eine umfassende Interessenabwägung im typisierten Einzelfall unter Berücksichtigung der Funktion und Aufgabenstellung des Betroffenen. Sie dient als Zumutbarkeitserwägung für die Reichweite etwaiger Kontrollmaßnahmen, darf allerdings nicht so weit gehen, dass sie das gesamte Geschäftsmodell eines Sharehosters infrage stellt. Vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Schutzes aus Art. 12 und Art. 14 GG wäre es Sache des Gesetzgebers, unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit Risikosphären auszutarieren, wenn die eine Seite auf ihre legitimen Interessen praktisch verzichten müsste, weil ein Ausgleich mit widerstreitenden Interessen anderweitig nicht hergestellt werden kann.

Eine anlasslose Prüf- und Überwachungspflicht, nach der der Sharehoster ohne jeglichen Anhaltspunkt aktiv dafür Sorge tragen muss, dass es auf seiner Plattform zu keinen Urheberrechtsverletzungen kommt, ist gesetzlich nach § 7 Abs. 2 S. 1 TMG ausgeschlossen und liefe auf eine uferlose Gefährdungshaftung hinaus. Einem Sharehoster obliegt aber grundsätzlich die Pflicht, nach Kenntnis der Rechtsverletzung die konkret benannte Datei und weiterhin vergleichbare Dateien unverzüglich zu löschen. Darüber hinaus obliegt dem Sharehoster eine gesteigerte Prüf- und Überwachungspflicht dann, wenn er durch das Geschäftsmodell Urheberrechtsverletzungen in erheblichem Umfang Vorschub leistet. In diesem Fall trifft den Sharehoster nach der Rechtsprechung eine allgemeine Marktbeobachtungspflicht im Sinne einer anlassbezogenen Überwachungspflicht, sobald er von einem konkreten Verstoß Kenntnis erlangt hat. Dies ist in der rechtswissenschaftlichen Literatur auf berechtigte Kritik gestoßen, da auch eine allgemeine Marktbeobachtungspflicht die Gefahr einer uferlosen Gefährdungshaftung in sich birgt.

Ein Sharehoster befindet sich in einem Dilemma zwischen Datenschutz- und Urheberrecht: Leistet er dem datenschutzrechtlichen Auftrag des Gesetzgebers Folge und ermöglicht eine vollständig anonyme Nutzung seiner Dienste, läuft er Gefahr, die ihm auferlegten Prüfpflichten nur erschwert oder gar nicht erfüllen zu können. Dabei dürfte einem Diensteanbieter die Beachtung der gesetzlichen Vorgaben des Datenschutzes bei der Erfüllung seiner urheberrechtlichen Prüfpflichten nicht zum Nachteil geraten. Die Gewährleistung anonymer Dienstnutzung ist nämlich Ausdruck eines rechtskonformen Verhaltens im Rahmen der Grundsätze der Datensparsamkeit (siehe auch § 13 Abs. 6 TMG, bestätigt durch die Rechtsprechung des BGH zu Lehrer- oder Ärztebewertungsportalen mit der Abwägung von Datenschutz und Persönlichkeitsschutz).

In technischer Hinsicht erfüllt ein Sharehoster seine Kontrollpflichten, wenn er die Möglichkeit bietet, Verstöße per E-Mail oder zielgerichtet mittels eines „Takedown-Notice“-Formulars zu melden. Zur Verhinderung zukünftiger Rechtsverstöße kommen zusätzlich Stichwortfilter in Betracht. Dabei wird der Name hochgeladener Dateien mit den Namen gemeldeter Werke verglichen. Ein solches Filtersystem muss jedoch verhältnismäßig ausgestaltet sein. Auch der Einsatz sogenannter Hashwertfilter stellt ein grundsätzlich geeignetes Verfahren zur Erfüllung allgemeiner Prüfpflichten dar. Die Rechtsprechung verlangt von den Betreibern eines File-Hosting-Dienstes, dass die Suche nach rechtswidrigen Inhalten auch auf externe Linklisten ausgedehnt wird. Eine weitere, insofern hybride Möglichkeit ist die Verhängung von Sanktionen gegen Nutzer.

Die Frage der Haftung von File-Hosting-Diensten ist auch eine rechtspolitische Herausforderung. Nach der geltenden Rechtslage ist die Haftung eines Sharehosters für Urheberrechtsverletzungen auf seiner Online-Plattform eine Frage des Einzelfalls. Ausgangspunkt jedes haftungsrechtlichen Anknüpfungspunktes muss die grundsätzliche Legalitätsvermutung sein, dass es sich beim Anbieten von Webspace – wie eingangs erwähnt – um eine grundsätzlich wertneutrale und multifunktionale Ressource handelt. Neben technisch sinnvollen Lösungen und einem innovationsfreundlichen Klima bedarf es vor allem auch Rechtssicherheit. Sicher mag die Technologieentwicklung rasanter sein als der eine oder andere Gesetzgebungsprozess. Die Grundsätze zur Störerhaftung sind aber seit fast 20 Jahren unverändert. Es besteht längst Anlass, ein klares Signal zu geben, wer für den teils unvermeidlichen Missbrauch einer freien Internetnutzung haften soll.

Die gesetzliche Legitimierung einer Gefährdungshaftung für das Betreiben eines File-Hosting-Dienstes würde zwangsläufig dazu führen, dass Anbieter wie Uploaded zur Aufgabe ihres Dienstes gezwungen werden und birgt die Gefahr in sich, dass Anbieter mit Sitz im vollstreckungssicheren Ausland großen Zulauf erfahren. Dies liefe jedoch dem Schutz der Rechteinhaber diametral entgegen. Zur Schaffung von Rechtssicherheit wäre es für alle Beteiligten deshalb von besonderer Bedeutung, die Frage der Haftung von Sharehostern zeitnah einer gesetzlichen Regelung zuzuführen.

Gerade weil die Störerhaftung mit ihren teils divergierenden und widersprüchlichen Anforderungen an die Prüfpflichten zu den streitigsten Themen des Urheberrechts im Informationszeitalter gehört, ist hier der Gesetzgeber gefordert. Die derzeit auf europäischer Ebene stattfindende Evaluierung zu Maßnahmen, die Hostprovider ergreifen müssen, wenn ihnen ein Rechtsverstoß gemeldet wird, kann insoweit als ein erster Schritt in die richtige Richtung angesehen werden.

Gutachten zur Legalität von File-Hosting-Diensten

Ein Gedanke zu „File-Hosting Dienste – Ein grundsätzlich schützenswertes Geschäftsmodell in der Haftungsfalle?

  1. Sehr guter Artikel. Ich finde besonders gut, dass, nicht wie bei den meisten anderen Bewertungen von Filehosting Diensten, auch dieNützlichkeit und der technologische Vorteil erwähnt werden. Solange alles legal abläuft, bieten Unternehmen wie beispielsweiße Oboom einen großen Mehrwert an. Problematisch sind diejenigen, die Urheberrechtlich geschützte Dateien hochladen…

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*