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Freies WLAN für freie Bürger?

Am 26. Juli 2018 hat der Bundesgerichtshof geurteilt, dass Internetnutzer, die ihr WLAN für jedermann zugänglich machen, nicht mehr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden können [BGH, Urteil v. 26.07.2018 – I ZR 64/17]. Dennoch bleibt Raum für mögliche Rechtsunklarheiten.

Vorgeschichte: Rechtsverletzung durch einen Dritten

Der Entscheidung des Bundesgerichtshofs ging ein mehrjähriger Rechtsstreit voraus. Bereits 2013 wurde über das durch den Beklagten zur Verfügung gestellte WLAN ein Computerspiel, an dem die Klägerin die ausschließlichen Nutzungsrechte besitzt, auf einer Internettauschbörse angeboten. Daraufhin erfolgte durch die Klägerin eine (mehrfache) Mahnung und eine Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Dem kam der Beklagte nicht nach. Als Betreiber mehrerer öffentlich zugänglicher Hotspots und zweier „Tor-Exit-Nodes“ habe er die angezeigten Rechtsverletzungen nicht selbst begangen. Über die Stationen des Landgerichts und des Oberlandesgerichts Düsseldorf erfolgte nun das jüngste Urteil des Bundesgerichtshofs.

Nach diesem hat der Betreiber eines öffentlichen WLAN nicht als Störer etwaiger Rechtsverletzung Dritter zu haften.

Lange Zeit war die Störerhaftung besonders dem Hotel- und Gastronomiegewerbe ein Dorn im Auge. Hin und Hergerissen zwischen dem Wunsch, den Gästen ohne große Hürden WLAN zur Verfügungzu stellen, und der möglichen Gefahr kostspieliger Abmahnungen wegen begangener Urheberrechtsverletzungen durch die Gäste oder Dritte war die Ausgestaltung der Internetnutzung bisher oft unflexibel.

Hintergrund: Das 3. TMGÄndG

Störer ist dabei derjenige, der in irgendeiner Weise willentlich adäquat kausal zu einer Urheberrechtsverletzung beiträgt [BGH, Urteil v. 12.05.2010 – I ZR 121/08]. Wohl aber steht dem Rechteinhaber ein Sperranspruch nach § 7 Abs. 4 TMG n.F. zu. Damit wurde die bereits im Herbst letzten Jahres durch Artikel 1 Nummer 1 des 3. Gesetzes zur Änderung des Telemediengesetzes (3. TMGÄndG) abgeschaffte Störerhaftung nun auch vom BGH überprüft. Eine Verurteilung zur Unterlassung wird infolgedessen aufgehoben.

Dennoch berge das Urteil auch neue Rechtsunsicherheiten. Um eine mögliche Europarechtswidrigkeit des 3. TMGÄndG, aufgrund eines Verstoßes gegen die Art. 8 Abs. 3 RL 2001/29 EG und Art. 11 RL 2004/48/EG zu verhindern, ergänzte der Gesetzgeber die Regelung des  § 7 Abs. 4 TMG. Demnach ist es dem Nutzer möglich, eine „zumutbare und verhältnismäßige“ Sperrung durch den Diensteanbieter anzustrengen, um eine Wiederholung der Rechtsverletzung zu verhindern.

Die Entscheidung: Auswirkungen für die Praxis

Der BGH hat sich in seiner Entscheidung – wohl aus Gründen der Europarechtskonformität des TMG – um eine extensivere Auslegung der „zumutbaren Sperrung“ bemüht und im Ergebnis u.a. die Pflicht zur Registrierung oder Verschlüsselung des Zugangs durch ein Passwort bejaht; was das 3. TMGÄndG gerade verhindern sollte. Indes dürfte eine Sperrung direkt am Router, so wie sie in der Gesetzesbegründung beispielhaft angedacht ist, nicht mehr für sich gesehen gelten.

Es fragt sich jedoch, welche Ausgestaltungen in der Praxis auf das Urteil des BGH folgen werden und ob der BGH womöglich selbst Substantiierungen zu den Anforderungen an die Sperrung nachliefert..

Für Betreiber öffentliche WLAN-Netze ändert sich insofern nichts: Um Sanktionierungen zu entgehen, empfiehlt sich erst einmal weiterhin, den Zugang von unberechtigtem Zugriff zu schützen.

Weiterführende Quellen:

Vorinstanzen:

  • LG Düsseldorf, Urteil v. 13. Januar 2016 – 12 O 101/15;
  • OLG Düsseldorf, Urteil v. 16.03.2017 – I-20 U 17/16.

Rechtsnormen und Gesetzesentwurf:

BGH-Urteil und Entscheidungsanmerkung:

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