Telemedienrecht

Googles Streit mit der BRD – Ein Sieg für Google?

Ausgangspunkt des Streits

Am 13. Juni 2019 urteilte der Europäische Gerichtshof (EuGH), aufgrund einer Vorlage zur Vorabentscheidung des Oberverwaltungsgerichtes Münster, ob und inwieweit Googles internetbasierter Email-Dienst „Gmail“ als Telekommunikationsdienst im Sinne der Richtlinie (2002/21/EG) über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste zu verstehen ist. Ausgangspunkt der Vorlage war ein an Google gerichteter Bescheid der Bundesnetzagentur (BNetzA), der darauf hinwies, dass Google mit Gmail einen Telekommunikationsdienst im Sinne des § 3 Nr. 24 des Telekommunikationsgesetzes (TKG) betreibe. Google müsse dementsprechend der in § 6 Abs. 1 TKG geregelten Meldepflicht gegenüber der BNetzA nachkommen. Google, die ihren Email-Dienst nicht als Telekommunikationsdienst sehen wollte, erhob daraufhin nach erfolglosem Widerspruch Klage auf Aufhebung des Bescheids vor dem Verwaltungsgericht Köln. Dieses wies die Klage mit Urteil vom 11 November 2015 ab, woraufhin Google vor dem Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen Revision einlegte.

Pflichten von Telekommunikationsdiensten

Telekommunikationsdienste im Sinne des TKG müssen nicht nur die sogenannte Meldepflicht gegenüber der BNetzA erfüllen, auch unterlaufen sie dem Prozess der jährlichen Verbindungspreisberechnung (§ 45 Buchst. g) TKG), bei dem „regelmäßige Kontrolle[n] aller beteiligten Systeme, Verfahren und technische Einrichtungen auf Abrechnungsgenauigkeit“ stattfinden. Besonders umstritten ist außerdem die Pflicht zur Einrichtung einer Schnittstelle für den Datenzugriff von Ermittlungsbehörden.

Schwerpunkt des Streits

Grundlegend in dem Streit ist die Frage, ob man Gmail als Telekommunikationsdienst im Sinne des § 3 Nr. 24 TKG einordnen kann. Da das TKG einer von den Mitgliedstaaten umzusetzenden Rahmenrichtlinie entspringt, beschäftigte sich die Vorlage des Oberverwaltungsgerichts im Wesentlichen mit dem Problem der Auslegung des Art. 2 Buchst. c) der Richtlinie (2002/21/EG) über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste, der Definition von Telekommunikationsdiensten. Den Schwerpunkt bildete die Frage, ob Gmail einen Dienst darstellt, der „[…] ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über elektronische Kommunikationsnetzte bestehe […]“. Der Europäische Gerichtshof führt in seinem Urteil aus, dass Gmail ein sogenannter „Over-the-Top-Dienst“ (OTT) sei – der Dienst wird zwar über das Internet zur Verfügung gestellt, allerdings ohne dass ein klassischer Internet Service Provider daran beteiligt ist. Um den Email-Dienst in Gebrauch zu nehmen, muss der Nutzer ein Gmail-Konto anlegen, welches ihm das Empfangen und Versenden von Nachrichten via Email ermöglicht. Zur Übertragung der Emails werden diese von den Gmail-Diensten in Datenpakete zerlegt und in das offene Internet eingespeist. Zugestellt werden die Datenpakete mithilfe von Googles eigens betriebenen Email-Servern; diese identifizieren die Zielserver und versenden die Datenpakete. Die BNetzA war nun im Fall von Gmail der Ansicht, es sei ausreichend für die Annahme eines Telekommunikationsdienstes, dass der Übertragungsprozess von Emails zwischen Absender und Empfänger nur mittels Signalübertragung ermöglicht werde. Auch wenn dies weitestgehend über das offene Internet geschieht (Google besitzt in Deutschland eine eigene mit dem Internet verbundene Netzinfrastruktur), habe Google, indem ihre Email-Server den Nutzern die jeweilige Internetprotokoll (IP)-Adresse zuordnen und somit die Authentifikation von Absender und Empfänger vornehmen, das erforderliche Maß an Kontrolle über die von Dritten vorgenommene Signalübertragung. Google führte dagegen an, dass die Auswahl des zur Signalübertragung genutzten Internet Service Provider nach dem „Best-Effort-Prinzip“ erfolgt und somit keine Kontrolle über die Signalübertragung stattfinde. Ihre eigne Netzinfrastruktur werde zwar mitgenutzt, sei jedoch nicht erforderlich und „[…] maßgeblich für die Erbringung datenintensiver Dienste wie „Google-Suche“ und „YouTube“ aufgebaut worden […]“ (Quelle 1 Rn. 22).

Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs

Unerheblich für die Einordnung der Art der Dienstleistung, so das Urteil, ist „[…] der Umstand, dass die Übertragung des Signals über eine Infrastruktur erfolgt, die nicht dem Erbringer der Dienste gehört […]“ (Quelle 1 Rn. 32). Der Gerichtshof führt jedoch aus, dass allein die Tatsache, dass Google mit ihrem Email-Dienst seinen Nutzern IP-Adressen zuordnet, sowie die Nachrichten in Datenpakete zerlegt um sie in das offene Internet einzuspeisen und sie daraus wiederum zu empfangen, nicht zur Einordung eines „[…] ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über elektronische Kommunikationsdienste bestehen[den] […]“ Dienstes ausreicht. Besonders der Umstand, dass Google mit seinem eigenen elektronischen Kommunikationsnetz elektronische Kommunikationsdienste im Sinne des §3 Nr. 24 TKG erbringt, soll nicht automatisch zu der selbigen Einordnung aller von Google erbrachten Dienste führen. In Ermangelung anderer Anhaltspunkte wurde Gmail entgegen der Bemühen der BNetzA nicht als Telekommunikationsdienst eingeordnet.

Reichweite des Urteils

Die Entscheidung des europäischen Gerichtshofs ist nicht nur für Google ein großer Erfolg, Relevanz hat das Urteil außerdem für alle Anbieter internetbasierter Kommunikation, wie zum Beispiel Whatsapp und ähnlicher Messenger Dienste. Die Auswertung von Kommunikationsinhalten, zum Beispiel zu Werbezwecken, bleibt somit bislang weitestgehend unreguliert. Zeitlich ist das Urteil jedoch begrenzt, bis 2020 müssen die Mitgliedstaaten der EU den Kodex für elektronische Kommunikation umsetzten, der gerade auch die Definition von Telekommunikationsdiensten ausweiten soll. Der neue Rechtsrahmen soll dabei insbesondere Dienste wie Gmail oder Whatsapp umfassen.

Quellen:

 

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