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3. Netzkongress der CSU in München

von Ass. iur. Alexander Seidl und stud. iur. Kathrin Bernecker

Am 21.06.2013 fand in München der 3. CSU-Netzkongress statt. Die stellvertretende Generalsekretärin der CSU Dorothee Bär hatte zu einem Wohnzimmer-Gespräch zur Netzpolitik eingeladen. Ihre Gäste waren die Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner und Prof. Dr. Dirk Heckmann, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Sicherheitsrecht und Internetrecht, von der Universität Passau.

Im Anschluss an die Eröffnungsvorträge konnten Gäste aus dem Publikum auf der Bühne Platz nehmen und in gemütlicher Atmosphäre mit Dorothee Bär, Ilse Aigner und Prof. Dr. Dirk Heckmann über ihre Anliegen und Fragen diskutieren.

In ihrer Einführungsrede sprach Dorothee Bär von der Schnelligkeit unserer Zeit und den noch immer nicht genau vorherzusehenden Folgen der Digitalisierung. Da in unserer Gesellschaft die Digitalisierung nun angekommen sei und wir diese auch größtenteils akzeptiert hätten, stellte Dorothee Bär eine einfache, aber dennoch wichtige Frage: „Und nun?“. Wir alle müssten uns diese Frage stellen, um herauszufinden, was wir mit der Digitalisierung anfangen könnten und möchten und was unsere Forderungen konkret bedeuten, wenn wir beispielsweise Gesetze nach dem Prinzip „Fair-Use“ fordern. Jedenfalls sollte das Ziel eine funktionierende digitale Gesellschaft sein, in der sich alle zugehörig fühlen und alle mitgenommen werden. Die Politik müsse in unterstützender Weise als Vermittler für diejenigen tätig werden, die vielleicht noch am Wegesrand stünden und nicht mitkämen, so Dorothee Bär. Für sie stelle das Internet ein Grundrecht dar und sei in seiner Bedeutung gleichzusetzen mit Strom und Wasser. Der Weg ins Internet sei ein gesamtgesellschaftlicher Weg – weder ein rein juristischer noch ein rein politischer. Zum Thema Datenschutz äußerte sich Dorothee Bär klar mit den Worten „Meine Daten gehören mir!“. Allerdings müsste der Begriff der Privatsphäre überdacht und gegebenenfalls neu definiert werden, damit dieser ins digitale Zeitalter sinnvoll übertragen werden könne. Um den Herausforderungen des digitalen Zeitalters gerecht werden zu können, forderte die stv. Generalsekretärin, das neue Amt des Internetministers einzuführen.

Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner lehnte in ihrem Vortrag zu Recht eine Trennung von digitaler und analoger Welt ab. Sie hob die Hochwasserhilfe mithilfe der Social Media hervor und beschrieb anschaulich das Spannungsfeld zwischen Chancen und Gefahren des Internets, die beispielsweise in großen Datensammlungen und in den Verknüpfungen der Daten liegen. Ilse Aigner sprach sich für eine Datenschutzregelung auf europäischer Ebene aus und interpretierte auch die Neuland-Aussage von Bundeskanzlerin Angela Merkel in diese Richtung. Zum Schutz der älteren Generation seien die Voreinstellungen von Anwendungen von entscheidender Bedeutung, sie betonte jedoch auch, dass die Benutzerfreundlichkeit nicht zu kurz kommen dürfe. Weiterhin sei ein datenschutzrechtlicher Löschungsanspruch notwendig und ebenfalls auf europäischer Ebene zu diskutieren. Beim Thema Netzneutralität äußerte sich die Bundesverbraucherschutzministerin ganz klar gegen eine Drosselung der Übertragungsrate und der damit einhergehenden Datenklassifizierung. Die Netzneutralität sei eine zu klärende Grundsatzfrage.

Prof. Dr. Dirk Heckmann sprach in seiner Rede über die zwei bewegendsten Schlagzeilen der letzten Wochen: das Jahrtausendhochwasser und PRISM.  Beides sei zwar überraschend, aber doch nicht unvorhersehbar gewesen, da es sich in beiden Fällen um die Realisierung der vom Menschen geschaffenen Risiken handle. Weiterhin stellte er in eingehender und anschaulicher Weise den Bezug der beiden Themen zu den sozialen Netzwerken heraus, wobei sich im Falle der Hochwasserkatastrophe die positiven Seiten von Social Media zeigten, beim Beispiel PRISM jedoch genau das Gegenteil. Prof. Dr. Dirk Heckmann bezeichnete das Überwachungsprogramm PRISM nach dem aktuellen Erkenntnisstand als Totalüberwachung und als nicht verfassungskonformes Sicherungsinstrument. Auch er sehe den Internetzugang als Bürgerrecht, Grundrecht und Menschenrecht. Es bestehe letztlich eine staatliche Pflicht zur Daseinsvorsorge und zur Schaffung der Rahmenbedingungen, um die Ausübung dieses Grundrechts zu ermöglichen. Prof. Dr. Dirk Heckmann thematisierte die damit einhergehenden Probleme, wenn es um eine faire Gleichbehandlung der Menschen gehe, die faktisch keinen Zugang zum Internet haben. Wünschenswert sei insgesamt eine anständige Begegnungs-, Gesprächs- und Diskussionskultur, wenn sich Politik und Bürger im Netz begegnen.

Auf die Frage aus dem Publikum, was genau der Schutzbereich eines Grundrechts auf Internet sei, erläutert Prof. Dr. Dirk Heckmann sowohl den Aspekt dieses Grundrechts als Abwehr- als auch als Leistungsrecht. Dabei betont er vor allem, dass der Staat die Rahmenbedingungen für eine sinnvolle Internetnutzung schaffen müsse.

Auf eine weitere Anmerkung aus dem Publikum gaben sowohl Dorothee Bär als auch Ilse Aigner zu erkennen, dass sie den Netzausbau als politischen Infrastrukturauftrag und nicht als reine Aufgabe des freien Marktes ansehen.

Auch mit dem 3. Netzkongress ist der CSU eine sehr interessante und zukunftsweisende Veranstaltung gelungen, die nahtlos an ihr Netzkonzept „In Freiheit und Fairness“ anknüpft.

 

Die einzelnen Reden sowie die gesamte Diskussion sind auf YouTube unter folgenden Links abrufbar:

Rede von Dorothee Bär: http://www.youtube.com/watch?v=-MFmgcwrYW8

Rede von Ilse Aigner: http://www.youtube.com/watch?v=9qwHTzGJczc

Rede von Dirk Heckmann: http://www.youtube.com/watch?v=5QiGlZVMEag

Anschließende Diskussion: http://www.youtube.com/watch?v=9U0nyqu76e0

 

Die Rede von Prof. Dr. Heckmann ist unter folgendem Link im vollen Wortlaut nachlesbar: 
http://www.for-net.info/wp-content/uploads/2013/06/Netzkongress-2013-Rede-Heckmann-Druckfassung.pdf

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