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Das Internet hält Einzug in die Wahlprogramme der Parteien zur Bundestagswahl 2009

Bloggen, twittern, podcasten oder einfach nur herumsurfen – sei es zum Shoppen, zur Jobsuche oder den Partner fürs Leben zu finden. Das Internet prägt unser tägliches Leben. Es bringt zahlreiche Vorteile und Chancen, aber auch einige Nachteile und Risiken mit sich. Auch die Politik hat dies erkannt und so beschäftigen sich die Parteien in ihren Wahlprogrammen zur Bundestagswahl 2009 mit dieser Thematik.

So wollen CDU und CSU in ihrem gemeinsamen – als Regierungsprogramm 2009-2013 bezeichneten – Wahlprogramm die Möglichkeiten der modernen Informations- und Kommunikationstechnologien in den Behörden und für den Kontakt mit den Bürgern noch intensiver nutzen und so für eine Vereinfachung bürokratischer Vorgänge sorgen, denn von entscheidender Bedeutung für den Innovationsstandort Deutschland seien moderne Informations- und Kommunikationswege. Deshalb werde eine flächendeckende Versorgung der entsprechenden Infrastruktur, insbesondere im Bereich der Breitbandversorgung massiv vorangetrieben werden. Gleichzeitig solle eine Dreifachstrategie gegen Kinderpornographie im Internet weiter vorangetrieben werden: Täter verfolgen, auch solche, die sich außerhalb des Internets, in geschlossenen Foren oder auf anderen Wegen bewegen, Quellen im In- und Ausland schließen und den Zugang zu den Seiten sperren, so wie dies seit vielen Jahren erfolgreich in vielen Ländern erfolge. Ferner müsse dem zunehmenden Wert des geistigen Eigentums durch Sicherung der Rechtsstellung der Urheber im digitalen Zeitalter durch das Urheberrecht Rechnung getragen werden. CDU/CSU setzen sich für einen fairen Ausgleich der Interessen von Künstlern, der Kultur- und Kreativwirtschaft, dem Verbraucher- und Datenschutz sowie der Technologieanbieter ein. Weiterhin wird auch die Bedeutung des Verbraucherschutzes herausgestellt: Damit die Menschen die Möglichkeit des Internets, der Telekommunikation und des elektronischen Geschäftsverkehrs nutzen können, setzten sich CDU/CSU national und international für fairen Zugang, Datensicherheit sowie Schutz vor Belästigungen und Betrügereien ein. Sie würden außerdem Bürgerportale und sichere Kommunikation per E-Mail voranbringen. Gleichzeitig würden sie die Bürger, insbesondere die Jugendlichen, verstärkt für einen verantwortlichen Umgang mit persönlichen Daten sensibilisieren und kriminellen Datenhandel ahnden. Auch im Übrigen sei das Internet kein rechtsfreier Raum. Rechtsverletzungen sollten effektiv unterbunden werden. Auf den Ausbau der internationalen Zusammenarbeit gegen Internetkriminalität solle gedrängt werden und Bundeskriminalamt (BKA), Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und die entsprechenden Einrichtungen der Länder seien hierfür personell und technisch weiter zu stärken. Wo es angesichts der geringen Schwere von Straftaten vertretbar sei, solle jedoch eine Selbstregulierung greifen.

Die FDP sieht die Verwirklichung der Internetrepublik Deutschland in ihrem „Deutschlandprogramm“ als eine wesentliche Herausforderung an. Deutschland müsse zum europäischen Vorreiter in Sachen Internetkompetenz werden. Die FDP setze sich dafür ein, dass in Deutschland in eine leistungsfähige IT-Infrastruktur investiert werde. Sie fördere neue Technologien und schaffe wettbewerblich zukunftsfähige Strukturen und damit Rahmenbedingungen, dass der Arbeitskräftebedarf an hochqualifizierten IT-Spezialisten sichergestellt werde. Die FDP wolle mehr Wettbewerb bei den Infrastrukturen der Telekommunikation und den flächendeckenden Zugang zu Breitband-Internet. Staatliche Regulierung müsse dabei stets der Förderung des Wettbewerbs dienen, denn Wettbewerb sei Grundlage für Investitionen und Innovationen bei Infrastrukturen und Diensten. Die FDP spreche sich gegen gesetzliche Universaldienstverpflichtungen bei der Breitbandversorgung aus. Die Liberalen setzten sich auch für die Modernisierung des Telemedienrechts ein. Dieses müsse Zuständigkeiten genauso wie Haftungsfreistellungen auf den verschiedenen Ebenen der Anbieter und der Nutzer klar definieren und zuordnen. Das Internet sei ein freies Medium. Es müsse vor zu starker staatlicher Regulierung und übermäßiger Überwachung geschützt werden. Internetdienstanbieter dürften nicht mit überzogenen Überwachungspflichten belegt werden. Die Presse- und Meinungsfreiheit einer vernetzten Wissensgesellschaft müsse auch im Internet gewahrt werden. Kinder und Jugendliche müssten aber vor für sie ungeeigneten Inhalten in den Medien geschützt werden. Erwachsenen dagegen dürfe der Zugang zu strafrechtlich unbedenklichen Inhalten dabei allerdings nicht verwehrt werden. Zensur dürfe auch im Internet nicht stattfinden. Diese Prinzipien müssten in einem modernen Jugendmedienschutzrecht verankert werden. Vielen unerwünschten Effekten des Internets könne nicht im Internet selbst entgegengewirkt werden, jedoch zu Hause am PC. Die FDP setze auf Filtern zu Hause statt Sperren durch den Staat. Mit der FDP werde es keine aktionistischen Verbote oder staatliche Zensur im Internet geben. Auch die sog. Online-Durchsuchung lehne die FDP strikt ab. Das Urheberrecht habe in der digitalen Welt eine Schlüsselfunktion. Die FDP fordert deshalb die konsequente Weiterentwicklung des Urheberrechts zur weiteren Verbesserung des urheberrechtlichen Schutzes. Eine besondere Herausforderung bleibe die Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen vor allem im Internet, denn die „Internetpiraterie“ sei eine existenzielle Bedrohung für die Kultur- und Kreativwirtschaft. Das Internet dürfe kein urheberrechtsfreier Raum sein. Die FDP setze sich deshalb für Lösungen ein, die unter Wahrung des Datenschutzes eine effektive und konsequente Rechtsdurchsetzung gewährleisten. Die FDP bekenne sich zur kollektiven Wahrnehmung von Urheber- und Leistungsschutzrechten durch Verwertungsgesellschaften mit effizienten und transparenten Strukturen. Vor allem in Bezug auf Online-Nutzungen müsse die grenzüberschreitende Lizenzierung durch Verwertungsgesellschaften erleichtert und eine Fragmentierung der Repertoires verhindert werden. Die FDP setze sich für die Schaffung eines europäischen Wahrnehmungsrechts als Grundlage für die Förderung des Wettbewerbs unter den europäischen Verwertungsgesellschaften unter einheitlichen Rahmenbedingungen ein.

Auch die SPD sagt in ihrem „Regierungsprogramm 2009-2013“ der Gewalt gegen Kinder und der Kinderpornographie den Kampf an – mit Hilfe des Strafrechts und auch im Internet. Von Internetsperren ist in dem Programm selbst keine Rede. Der Parteivorstand hatte dazu einen Beschluss gefasst, der substanzielle Korrekturen am Gesetzentwurf zu Kinderporno-Sperren forderte. Ferner setze die SPD auf das Angebot eines Medienführerscheins für alle Kinder und Jugendlichen. Dazu werde eine Stiftung Medienkompetenz eingerichtet, denn Medienkompetenz sei nicht nur die Schlüsselqualifikation in der Informations- und Kommunikationsgesellschaft, sondern auch ein zu förderndes Bildungsthema. Auch in der Kommunikation mit dem Bürger setzt die SPD auf neue Informationstechnologien, um die Beteiligung am demokratischen Prozess zu stärken. Wo das Internet dazu beitragen könne, öffentliche Meinungsbildungs- und Beteiligungsprozesse zu verbessern, werde die SPD diese Möglichkeit im Sinne einer starken Demokratie nutzen. Außerdem betonen die Sozialdemokraten, dass sie im Rahmen des sozialdemokratischen Kreativpaktes erreichen wollten, dass Kultur- und Medienschaffende, Künstlerinnen und Künstler und Kreative von ihrer Arbeit leben können. Es komme darauf an, das geistige Eigentum zu schützen und angemessen zu vergüten. Das Urheberrecht und das Urhebervertragsrecht sollten in der digitalen Welt ein angemessenes Einkommen aus der Verwertung geistigen Eigentums ermöglichen. Die Zukunft der Digitalisierung stelle uns vor neue Herausforderungen beim Schutz immaterieller Produkte und Güter. Wir bräuchten einen vernünftigen Ausgleich zwischen Nutzerfreundlichkeit und den Rechten der Kreativen. Dabei werde die SPD im Rahmen des Kreativpaktes die Netzbetreiber und Internet-Service-Provider in den Dialog mit Rechteinhabern und Verwertungsgesellschaften einbeziehen. Sie setzten sich für die Prüfung einer Kultur-Flatrate ein. Ferner wolle die SPD die Breitbandinitiative vorantreiben und dafür sorgen, dass alle Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen Zugang zu einem leistungsfähigen Breitbandanschluss bekommen. Zugleich sollen möglichst viele Haushalte an die besonders leistungsfähige Glasfasertechnologie angeschlossen werden. Der Ausbau des Breitbandnetzes sei in den Augen der SPD eine zentrale Aufgabe, deshalb würden auch verstärkt europäische Investitionen in die Breitbandversorgung gefordert.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordern in ihrem Bundestagswahlprogramm, dass öffentliche Güter und Dienstleistungen wie das Internet allen Bürgern zugänglich sind. Sie widmen dem Internet ein ganzes Kapitel ihres Wahlprogramms. Sie postulieren insbesondere gerechte Zugangschancen für alle Menschen auf dieser Welt. Das Recht auf einen freien Zugang zum Internet sei eine entscheidende Teilhabefrage des 21. Jahrhunderts. Wer keinen Zugang habe, sei schnell abgehängt. Eine lückenlose Breitbandversorgung sei wesentlicher Bestandteil öffentlicher Daseinsvorsorge. Zudem wollten sie ein System öffentlicher WLAN-Zugänge, gleichzeitig müsse aber das Ziel die Minimierung der Strahlenbelastung sein. Die Grünen sprechen sich für eine freie Internetkultur aus, die jedoch immer mehr durch staatliche Institutionen und viele Unternehmen bedroht würde, da sie von diesen eingeschränkt werde. Die Einführung von Internetsperrlisten und den Aufbau einer umfassenden Sperrinfrastruktur erteilen die Grünen eine Absage, da sie rechtsstaatlich und technisch unverantwortlich sei. Gleichzeitig verlangten sie aber eine Intensivierung der Verfolgung von Straftaten im Internet und fordern dafür vor allem eine bessere technische Ausstattung der Behörden und eine personelle Aufstockung von Fachkräften. Bei Straftaten wie der Verbreitung von Kinderpornografie oder nationalsozialistischer Propaganda im Netz streiten sie für eine schärfere Verfolgung der Täter – vor allem durch eine bessere internationale Kooperation zwischen den Staaten beispielsweise durch vergleichbare Rechtsvorschriften oder gleiche Standards. Inhalte wie Kinderpornografie müssten aus dem Netz gelöscht werden, sobald sie bekannt seien. Die Grünen sprechen sich für ein neutrales Medium, welches weder von Konzernen noch von Staaten gesteuert oder gefiltert werde, aus. Ferner müssten sensible Daten im Netz vor Missbrauch geschützt werden. Die Grünen träten für einen starken Datenschutz und für die Stärkung der Medienkompetenz ein. Speicherfristen von erhobenen Daten sollten auf ein Minimum verkürzt werden, das Recht auf umfangreiche Datenauskunft des Bürgers gerade auch im Internet festgeschrieben werden, damit jederzeit geklärt werden könne, welche Daten wo gespeichert sind. Dies schließe mit ein, dass man sich auch anonym im Internet bewegen können müsse, ohne überall Spuren zu hinterlassen. Ferner sehen die Grünen auf Seiten des Staates eine besondere Verantwortung bei der Vermittlung von Medienkompetenz. Gefahren müssten erklärt, über Datenschutz aufgeklärt und das sachdienliche Nutzen neuer und besonders auch freier Medien gelehrt werden. Dies beträfe insbesondere Kinder und Jugendliche, jedoch benötigten auch viele Erwachsene Unterstützung zur selbstbestimmten Nutzung der neuen Kommunikationsmöglichkeiten. Darüber hinaus betonen die Grünen im Allgemeinen, dass verstärkt auf Open Source-Lösungen zurückgegriffen werden solle. Abschließend sehen die Grünen einen erheblichen Reformbedarf beim Urheberrecht. Derzeit kriminalisiere die Medienindustrie eine unlizenzierte Nutzung geschützter Werke als „Raub“ und „Piraterie“. Massenhafte Verfolgung, den Einsatz von Digitalem-Rechte-Management sowie die Bestrafung von digitalen Privatkopien lehnen die Grünen ab und sprechen sich für pauschale Vergütungsmodelle, die freie digitale Privatkopie und eine Kulturflatrate, die die nicht-kommerzielle Nutzung von digitalen Kulturgütern ermöglicht, aus.

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