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Elterliche Schutzpflichten bei „Sexting“ mittels WhatsApp

Mit Beschluss vom 22.07.2016 entschied das AG Bad Hersfeld[1], dass das Kindeswohl sowie die seelische Entwicklung durch „Sexting“[2] massiven Gefahren ausgesetzt ist.

In dem zugrunde liegenden Sachverhalt wurde ein 15 jähriges Mädchen im Zeitraum von 12 Monaten mehrfach von einem Schulfreund des Vaters mit stark sexualisierten Kurznachrichten über den Messengerdienst WhatsApp kontaktiert.

Mittelbar wurde zudem auch die 10 jährige Schwester betroffen, da diese durch die große Schwester laufend über Nachrichten und deren Inhalt informiert wurde. Die ältere Tochter erstattete letztlich im Mai 2015 Anzeige gegen den Bekannten wegen des Verdachts der sexuellen Belästigung.

In den Gründen kam das Gericht zu der Ansicht, dass trotz des von den Eltern nunmehr veranlassten Kontaktabbruchs eine immer noch immanente Gefahr besteht, dass die Mädchen erneut kontaktiert und mit ähnlichen Nachrichten konfrontiert werden. Es erteilte daher gem. §§ 1666, 1666a BGB die familiengerichtliche Auflage die Applikation WhatsApp von den Mobiltelefonen der Töchter zu löschen, wobei der Kindesvater die Einhaltung dieser Auflage regelmäßig sicherstellen muss. Flankierend erteilte das Gericht zusätzlich die Verpflichtung des Kindesvaters einmal monatlich mit den Töchtern über deren Smartphone-Nutzung zu reden. Die Auflagen wurden dabei zeitlich bis zum 16. Beziehungsweise 18. Geburtstag der Töchter begrenzt.

Mit Blick auf die am 25. Mai 2018 in Kraft tretende Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) kam das Gericht weiterhin zu der Überzeugung, dass die Applikation WhatsApp nicht für Kinder unter 16 Jahren geeignet ist.[3] Auf Grund der Preisgabe persönlicher Daten, insbesondere der Mobilfunknummer, privaten Bildern sowie aktuellen Statusnachrichten stellt die App ein erhebliches Risiko für die Kindesentwicklung sowie für die allgemeine Privatsphäre der Kinder dar. Im Übrigen bemängelt das Gericht die intransparente Datenweitergabe des Messengers in die Vereinigten Staaten. Abschließend erteilt das Gericht noch den Hinweis, dass technische Geräte wie das Smartphone kein einfaches elektronisches Spielzeug[4] sind.  Sofern solche Geräte den Kindern ausgehändigt werden, ist es die Pflicht der Eltern sich vorab entsprechend zu informieren, so dass bei negativen Vorkommnissen entsprechend reagiert werden kann. Die im Ergebnis pädagogisch nachvollziehbare Entscheidung des Gerichts ist rechtlich aber durchaus bedenklich. So stellt sich die Frage, ob ein solches temporäres Nutzungsverbot des Messengers tatsächlich erforderlich im Sinne des § 1666 Abs. 1 BGB ist oder ob es nicht mildere Mittel gegeben hätte, insbesondere im Hinblick auf die Dauer der Untersagung. Dabei ist ebenfalls zu beachten, dass die Nutzung des Dienstes für Kinder unter 16 Jahren nicht generell untersagt ist,[5] daran ändert auch Art. 8 Abs. 1 DS-GVO nichts, der lediglich in bestimmten Fällen die Einwilligung der Erziehungsberechtigten verlangt.

[1] AG Bad Herfeld, Beschl. v. 22.07.2016 – F 361/16 EASO – MMR 2016, 709.

[2] Das Phänomen Sexting ist die Kurzfassung des sog. Sex-Texting und beschreibt die Übermittlung sexuell geprägter Textnachrichten über digitale Kommunikationskanäle, AG Bad Hersfeld, Beschl. v. 22.7.2016 Leitsatz 1.

[3] Vgl. insbesondere Art. 8 Abs. 1 DS-GVO wonach die Verarbeitung personenbezogener Daten eines Kindes in bestimmten Fällen erst ab der Vollendung des 16. Lebensjahr rechtmäßig ist.

[4] AG Bad Hersfeld, MMR 2016, 709, 712.

[5] Fischer, NZFam 2016, 953.

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