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OLG Stuttgart: kein grundsätzliches Beweisverwertungsverbot für Dashcamaufnahmen im Bußgeldverfahren

Nach Ansicht des OLG Stuttgart (Beschl. v. 04.05.2016- Az.: 4 Ss 543/15) folgt aus dem Verstoß eines Verkehrsteilnehmers durch den Betrieb einer Dashcam gegen das datenschutzrechtliche Verbot aus § 6b BDSG nicht zwingend ein Beweisverwertungsverbot im Bußgeldverfahren. Dies gelte jedenfalls für die Verfolgung schwerwiegender Verkehrsordnungswidrigkeiten i.S.d. § 24 StVG.

Im verfahrensgegenständlichen Fall hatte der Betroffene fahrlässig eine rote Ampel missachtet. Daraufhin verhängte das AG Reutlingen eine Geldbuße i.H.v. 200 € sowie ein einmonatiges Fahrverbot. Den Tatnachweis konnte das AG allein aufgrund eines Videos führen, das ein anderer Verkehrsteilnehmer zufällig mit einer Dashcam aufgenommen hatte.

Gegen diese Entscheidung des AG legte der Betroffene Beschwerde gem. § 79 Abs. 1 Nr. 2 OWiG ein und rügte damit die Verwertung der Dashkcamaufnahmen durch den Zeugen.

Die Beschwerde wurde vom OLG Stuttgart als unbegründet zurückgewiesen:

Zu Recht sei das AG Reutlingen davon ausgegangen, dass die Dashcamaufnahmen prozessual verwertbar waren. Zwar seien die Videoaufnahmen von Verkehrsvorgängen Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG. Allerdings sei der Eingriff in das APR im konkreten Fall von geringer Reichweite und Intensität. Vor allem betreffe ein Video, das lediglich Verkehrsvorgänge dokumentiere und mittelbar die Identifizierung des Betroffenen über das Kennzeichen seines Fahrzeugs ermögliche, nicht den Kernbereich seiner privaten Lebensgestaltung oder seine engere Privat- oder gar Intimsphäre.

Der Eingriff in das APR des Beschwerdeführers sei aber gegenüber der Verfolgung schwerer Verkehrsverstöße nachrangig, da diese notwendig sei, um das universelle Rechtsgut der Sicherheit im Straßenverkehr zu schützen, so das OLG.

Offen ließ das OLG hingegen, ob bzw. wie die Nutzung einer Dashcam durch einen Verkehrsteilnehmer gegen § 6b BDSG verstößt: Danach ist die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen nur in engen Grenzen zulässig. Dies sei aber auch nicht entscheidungserheblich, da § 6b Abs. 3 Satz 2 BDSG jedenfalls kein Beweisverwertungsverbot für das Straf- und Bußgeldverfahren enthalte. Somit folge aus einem möglichen Verstoß nicht zwingend eine Unverwertbarkeit der Videoaufnahme.

Außerdem betonte das Gericht, dass die Bußgeldbehörden schon bei Verfahrenseinleitung die Verwertbarkeit derartiger Aufnahmen prüfen müssten und die Schwere des Eingriffs gegen die Bedeutung und das Gewicht der angezeigten Ordnungswidrigkeit abzuwägen hätten. Aufgrund des Opportunitätsgrundsatzes aus § 47 OWiG stehe es den Bußgeldbehörden frei, ein ausschließlich auf der Ermittlungstätigkeit von Privaten mittels Dashcam beruhendes Verfahren nicht weiter zu verfolgen.

http://www.lto.de/recht/nachrichten/n/olg-stuttgart-4ss54315-beweis-verwertung-dashcam-kamera-gericht-bussgeld-straftaten/

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