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Videokonferenztechnik im Gericht – ja, nein, vielleicht?

Videokonferenztechnik im Gerichtssaal ist ein alter Hut. Eigentlich. Einige Gerichte, wie bspw. das Verwaltungsgericht Freiburg oder das Hessische Finanzgericht in Kassel ermöglichen bereits Beteiligten in Verwaltungsprozessen die Zuschaltung zur mündlichen Verhandlung mit Hilfe von Videokonferenztechnik. Kläger, Beklagte, Beigeladene und/oder ihre Rechtsanwälte können von einem anderen Ort aus an der Verhandlung teilnehmen. Die Akzeptanz dieser Technik ist sehr hoch. Nicht allein wegen der Kostenersparnis (Reisekosten der Beteiligten etc.), sondern auch wegen der Einfachheit der verwendeten Systeme. Nur an der flächendeckenden Durchsetzung hapert es. Daher hier ein Überblick über den Stand der Dinge:

Das Hessische Justizministerium setzt schon länger auf Videokonferenztechnik in Gerichtssäälen. Im Jahr 2006 wurde mit ihrer Einführung an zehn Gerichtsstandorten begonnen. Auch der Gesetzesantrag des Bundesrates, BR-DRS 643/07 (= BT-DRS 16/7956) zur Intensivierung des Einsatzes von Videokonferenztechnik in gerichtlichen und staatsanwaltschaftlichen Verfahren, geht auf die Initiative des Landes Hessen zurück.

Der Gesetzesentwurf wird mit dem Zeitersparnis bei den Beteiligten, der Erleichterung bei der Terminierung und damit der Verfahrensbeschleunigung begründet. Geändert bzw. ergänzt werden Ladungsvorschriften im Verfahrensrecht. Am Beispiel der VwGO sieht der Entwurf die Ergänzung um eine neue Vorschrift, § 102a VwGO, vor. Darin wird dem Gericht eingeräumt den Vertretern, Bevollmächtigten und Beiständen auf Antrag gestatten, sich während einer mündlichen Verhandlung an einem anderen Ort aufzuhalten und dort Verfahrenshandlungen vorzunehmen. Die Verhandlung wird synchron per Videokonferenztechnik übertragen. Eine  Aufzeichnung wird grds. nicht vorgenommen, sie kann jedoch ausnahmsweise angeordnet werden.

Kritische Stimmen aus der Anwaltschaft, vertreten durch den Deutschen Anwaltsverein e.V., sagen in ihrer Stellungnahme zum Entwurf, dass mit der „Verwendung des Mediums wird das Prinzip der Unmittelbarkeit durchbrochen“ wird. Sie greifen u.a. § 185 GVG heraus, der so geändert werden sollte, dass es dem Dolmetscher gestattet werden kann, via Videokonferenz mitzuwirken. Der persönliche Kontakt eines ausländischen Beschuldigten zu seinem Dolmetscher bei Vernehmungen, in denen es auf jedes Wort ankommt, würde unterschätzt, so der DAV.

Der Deutsche Richterbund (DRB) befürwortet dagegen den BR-Entwurf, zweifelt jedoch daran, dass die technische Ausstattung der Justizbehörden entscheidend verbessert werde. Das Ziel des Gesetzes könne damit verfehlt werden. Ferner befürchtet der DRB aufgedrängte Videotechnik:

Ebenfalls für alle Verfahrensordnungen gilt, dass der Einsatz der Videotechnik im freien Ermessen des Gerichts stehen sollte. Das Gericht darf im Einzelfall nicht dazu gezwungen werden können, auf eine Verhandlung herkömmlicher Art zu Gunsten der Videokonferenz zu verzichten.

Eine Änderung des § 185 GVG lehnt der DRB ebenfalls ab und weist darauf hin, dass der Dolmetscher nicht für das Gericht übersetzt, sondern häufig auch zwischen einer Prozesspartei und seinem Prozessbevollmächtigten. Diese Gespräche sind regelmäßig vertraulich und via Videokonferenz nicht führbar.

Der Gesetzesentwurf ist dem Bundestag zugeleitet, wurde jedoch noch nicht beraten. Mehr Informationen gerade zum Thema der Justizmodernisierung mit elektronischen Mitteln, auch sog. E-Justice, gibt es auf unserem E-Justice Symposium im Oktober 2008, unter der Schirmherrschaft der Bundesministerin der Justiz, Brigitte Zypries.

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