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BNetzA konkretisiert Kriterien und Vorgehen bei zu langsamem Internet

Wie ärgerlich es sein kann, wenn die versprochene (und bezahlte) Bandbreite nicht beim Endkunden ankommt, mussten wohl die meisten Menschen schon einmal am eigenen Leib erfahren. In manchen (vor allem ländlichen) Gegenden ist die Geschwindigkeit faktisch aufgrund veralteter Leitungen auf ein dem Niveau der frühen 2000er entsprechendes Maß gedrosselt, doch die Verträge, die Internetprovider anbieten, sind durchaus auf der Höhe der Zeit – ein „DSL 500“-Angebot gibt es schlicht nicht (mehr). Aber auch in deutschen Innenstädten kommt es immer wieder zu Problemen mit dem Internet. Wiederholte Ausfälle, anhaltende Störungen oder nervenzehrend langsame Verbindungen sind (leider!) noch immer für viele Menschen blutdrucktreibender Alltag.[1]

Telekommunikationsmodernisierungsgesetz stärkt Verbraucherrechte

Die Möglichkeiten von Verbraucherinnen und Verbrauchern, dem Abhilfe zu schaffen, sind indes begrenzt: Der Kundenservice der Internet-Anbieter ist notorisch schlecht vernetzt und auch die technische Hilfe-Hotline kann oft nicht weiterhelfen. Ein fester Ansprechpartner, der greifbar ist und in einem gewissen Umfang Verantwortung übernimmt, existiert in der Regel nicht. Man könnte fast meinen, die organisatorischen Mängel bei der Kundenbetreuung seien Absicht; Schließlich bleibt Kundinnen und Kunden im Störfall meist nichts anderes übrig, als abzuwarten. Die Reduzierung der Zahlungen ist dabei bisher in der Praxis fast aussichtslos. Die Rechtsdurchsetzung war schwierig bis unmöglich, sowohl bei Komplettausfällen als auch insbesondere bei langsamen Verbindungen. Doch das soll bald der Vergangenheit angehören: Ab dem 1. Dezember 2021 können Verbraucher ihre Zahlungen an die Provider in dem Verhältnis reduzieren, in dem die tatsächliche von der vertraglich vereinbarten Leistung abweicht.

Mit der Novellierung des Telekommunikationsgesetzes[2] wurde als Ergebnis eines intensiven Abstimmungsprozesses neben der Konsolidierung der bislang nebeneinander stehenden Datenschutzregelungen in TMG, TKG und DSGVO sowie der Umsetzung der e-Privacy-Richtlinie[3] auch die Rolle der Verbraucher gestärkt.[4] Ein modernisierter Telekommunikationsrechtsrahmen müsse auch mit der technischen Entwicklung Schritt halten, der flächendeckende Ausbau von Telekommunikationsnetzen mit besonders hoher Kapazität und allgemein schnelle und zuverlässige Internetzugänge seien für Wirtschaft und Gesellschaft unverzichtbar. Das werde gerade im Zeiten des Homeoffice, täglicher Videokonferenzen und des virtuellen Schulunterrichts in der Pandemie deutlich. In Bezug auf Verbraucherrechte werde durch den europäischen Kodex für elektronische Kommunikation[5] ein eingeschränkter Vollharmonisierungsansatz verfolgt, wobei der deutsche Gesetzgeber insbesondere bei solchen Themen von seinem verbleibenden Spielraum Gebrauch gemacht habe, die Verbraucher immer wieder vor Herausforderungen stellten. Ein Aspekt, der dabei besonders betont wird, ist die Problematik von langsamem Internet und mangelhaftem Service mit Blick auf Technikertermine: Für Situationen, in der Provider nicht die vertraglich vereinbarte Leistung erbringen, enthält das TKG künftig ein Sonderkündigungs- sowie ein proportionales Minderungsrecht.

Bundesnetzagentur legt Kriterien für Minderung wegen „langsamen Internets“ fest

Die Bundesnetzagentur (BNetzA) hat nun einen Entwurf für eine Allgemeinverfügung veröffentlicht, die die unbestimmten Begriffe „erhebliche, kontinuierliche oder regelmäßig wiederkehrende Abweichung bei der Geschwindigkeit“ konkretisiert. [6] Beweisen können (und müssen) Verbraucherinnen und Verbraucher eine nicht vertragskonforme Leistung z.B. mithilfe der App zur Breitbandmessung, die die BNetzA für alle gängigen Betriebssysteme (Mac OS X, Windows 10, Linux sowie iOS und Android) kostenfrei zur Verfügung stellt. Alternativ kann der Nachweis mittels eines anderen von der BNetzA zertifizierten Messtools erbracht werden. Das genaue Vorgehen wird im Entwurf für eine Handreichung bezüglich eines Überwachungsmechanismus zum Nachweis von „erheblichen, kontinuierlichen oder regelmäßig wiederkehrenden Abweichungen bei der Geschwindigkeit“ bei Festnetz-Breitbandanschlüssen gemäß § 57 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 TKG beschrieben. Der Entwurf für die Allgemeinverfügung bestimmt, dass eine solche vorliegt, wenn

  1. nicht an zwei Messtagen jeweils mindestens einmal 90 Prozent der vertraglich vereinbarten maximalen Geschwindigkeit erreicht werden,
  2. die normalerweise zur Verfügung stehende Geschwindigkeit nicht in 90 Prozent der Messungen erreicht wird oder
  3. die vertraglich vereinbarte minimale Geschwindigkeit an zwei Messtagen jeweils unterschritten wird.

Es muss insgesamt 20-mal an zwei unterschiedlichen Tagen gemessen werden, d.h. es müssen zehn Messungen pro Tag erfolgen.

Ergibt die Breitbandmessung, dass beispielsweise nur 50 anstelle der zugesagten 100 Mbit/s bereitgestellt werden, müssen auch nur 50 Prozent des monatlichen Entgelts bezahlt werden – und zwar so lange, bis der Anbieter den Nachweis erbringt, dass er vertragskonform leistet.[7] Wahlweise besteht die Möglichkeit, den Vertrag außerordentlich ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen.

Kündigungsfristen werden verkürzt

Eine weitere Änderung betrifft die Regelungen zur automatischen Verlängerung von Breitband-Verträgen. Zum einen können diese Verträge künftig nach einer automatischen Verlängerung jederzeit mit Monatsfrist gekündigt werden, zum anderen müssen Provider nun auch einen Vertrag mit einer Laufzeit von höchstens 12 Monaten anbieten, bevor es zu einem Vertragsschluss kommt.[8]

Fazit

Die Einführung eines Minderungs- bzw. Sonderkündigungsrechts bei nicht vertragskonformer Leistung durch Internet-Provider ist ein zu begrüßender, wenn auch überfälliger Schritt. Es wird sich zeigen, ob (und wie häufig) Verbraucherinnen und Verbraucher von ihren neuen Rechten Gebrauch machen werden.

Gerade die proportionale Minderung könnte in der Tat ein wirkungsvolles Instrument sein, um Anbieter zu einem besseren Service und sorgfältigerer Pflege der Beziehungen zu ihren Bestandskunden zu bewegen.

Ob hingegen die Sonderkündigung den Weg zu einer störungsfreien und schnellen Internetverbindung zu ebnen vermag oder ob Verbraucher die Mühe und (internetlose) Zeit, die mit einem Anbieterwechsel verbunden sein kann, scheuen werden, bleibt abzuwarten.


[1] Vgl. z.B. Rudl, Breitband: Wenn der Hund die Hausaufgaben frisst, Netzpolitik.org, 16.04.2020.

[2] Telekommunikationsmodernisierungsgesetz zur Umsetzung des europäischen Kodex und zur Modernisierung des Telekommunikationsrechts (TKMoG).

[3] Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation).

[4] Vgl. BMWi, Im Fokus: Auf dem Weg ins Gigabit-Zeitalter, BMWi.de, 01.09.2021, dort auch zum Folgenden.

[5] Richtlinie (EU) 2018/1972 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation (Neufassung).

[6] Vgl. Rudl, Bundesnetzagentur: Kleinere Rechnung für lahmes Internet, Netzpolitik.org, 08.09.2021.

[7] Vgl. BMWi, Im Fokus: Auf dem Weg ins Gigabit-Zeitalter, BMWi.de, 01.09.2021, dort auch zum Folgenden.

[8] Vgl. BMWi, Im Fokus: Auf dem Weg ins Gigabit-Zeitalter, BMWi.de, 01.09.2021.

Sämtliche Links wurden zuletzt am 09.09.2021 abgerufen.