Das Internet ist insgesamt sehr nützlich: Unmengen an Informationen stehen jederzeit mit wenigen Klicks bereit, der Zugriff auf Texte, Bilder und Videos ist – jedenfalls in der Theorie – von jedem beliebigen Ort auf der Welt möglich.
Ein Aspekt, der jedoch häufig zu kurz kommt, ist der barrierefreie Zugang zu diesen Informationen. Ob beispielsweise Bilder mit entsprechenden Beschreibungen versehen werden, wird noch immer von vielen Webseitenbetreibern recht stiefmütterlich behandelt, bedeutet aber für Menschen mit visuellen Einschränkungen oder Sehbehinderungen den maßgeblichen Unterschied zwischen Teilhabe und Ausgrenzung.[1]
Rechtliche Rahmenbedingungen für barrierefreies Internet
Mit der Umsetzung der EU-Richtlinie zur Barrierefreiheit von Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen[2] durch das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) und die 2019 aktualisierte Barrierefreien-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0) wurde ein erster wichtiger Schritt vorgenommen, doch die unzähligen privat betriebenen Websites werden hiervon nicht erfasst.
Immerhin: Öffentliche Stellen sind gemäß § 12a BGG im digitalen Bereich dazu verpflichtet, Websites, Apps sowie elektronische Verwaltungsabläufe barrierefrei zur Verfügung zu stellen. Als „barrierefrei“ bedeutet gemäß § 4 BGG, dass (u.a.) Gebrauchsgegenstände, IT-Systeme, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen so gestaltet werden müssen, dass sie auch für Menschen mit Behinderungen „in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind“. Dies kann insbesondere durch Hilfsmittel wie Screenreader gewährleistet werden.
Mit Ausnahmen von dieser Pflicht im Einzelfall ist nicht nur bei digitalen Angeboten öffentlicher Stellen extreme Zurückhaltung geboten; die Überlegung, bestimmte Inhalte beträfen Menschen mit Behinderung nicht (weswegen eine barrierefreie Gestaltung nicht notwendig sei), beruht häufig auf einer gänzlich unzutreffenden Vorstellung über Menschen mit Behinderungen, deren Interessen und Fähigkeiten.[3]
Bunt, aber unsichtbar?
Ob – um bei dem Beispiel eines sehbehinderten Menschen zu bleiben – eine Website bzw. App barrierefrei ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab:[4] Texte müssen gut erkennbar sein, d.h. die Schriftart und -farbe muss sich ausreichend vom Hintergrund abheben und insbesondere häufige Farbfehlsichtigkeiten wie die Rot-Grün-Schwäche berücksichtigen. Die Bedienflächen müssen sowohl für ein Anklicken mit der Maus, aber auch für das Antippen auf einem kleinen Smartphone-Bildschirm optimiert sein. In Sachen Struktur sind ästhetische und praktische Erwägungen zu vereinen: Gut strukturierte Webseiten und Apps erleichtern nicht nur Menschen mit Behinderungen, sondern allen Nutzerinnen und Nutzern die Orientierung. Ähnliches gilt etwa für Kontaktformulare.
Nicht zuletzt geht es um die zahllosen Bilder und/oder Videoclips, die entweder als reine Illustration oder – und hier wird es in puncto Barrierefreiheit kritisch – als wichtiges Element des Textes oder der Seite dienen. Screenreader können sogenannte Alternativtexte vorlesen, zudem werden Bildbeschreibungen von Suchmaschinen für das Ranking der Website herangezogen.
Fazit
Die Gründe für verstärkte Bemühungen um Barrierefreiheit im Internet sind nicht nur vernünftig und nachvollziehbar, sondern auch gewichtig. Ein barrierefreier Zugang zu Online-Inhalten ist unabhängig von der tatsächlichen Nutzung bedeutsam – ebenso wie etwa bei Rollstuhlrampen oder besonderen Parkplätzen in der realen Welt.
Dass weltweit nur ein verschwindend geringer Teil des Internets barrierefrei zugänglich ist, kann daher nur als Armutszeugnis gewertet werden.[5]
[1] Vgl. Dinges/Köver, NPP 241 – Blind im Netz. Mit Bildbeschreibungen Barrieren überwinden, Netzpolitik.org (vollständiges Transkript der Folge verfügbar); siehe auch Einfach für Alle, das Informationsportal der Aktion Mensch für barrierefreies Internet.
[2] Richtlinie (EU) 2016/2102.
[3] Vgl. Bundesfachstelle Barrierefreiheit, FAQ zur Umsetzung der EU-Richtlinie zur Barrierefreiheit von Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen.
[4] Vgl. Aktion Mensch, Barrierefreie Website, dort auch zum Folgenden.
[5] Eine Untersuchung ergab, dass 2020 nur rund zwei Prozent der Majestic Million-Liste der meistreferenzierten Websites der Welt keine Mängel in Bezug auf die Zugänglichkeit für Menschen mit Behinderungen aufwiesen, vgl. Bocksch, Barrierefreiheit im Internet kaum vorhanden, Statista, 02.12.2020.
Sämtliche Links wurden zuletzt am 25.11.2021 abgerufen.