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Kartellrecht contra Zuckerberg: Bundeskartellamt untersagt Facebook die Zusammenführung von Daten

Der Social-Media-Riese Facebook ist in letzter Zeit international in die Kritik geraten: Jüngst hat das Britische Parlament dem Unternehmen etwa vorgeworfen, bewusst gegen Gesetze zu verstoßen. Der Ärger der Members of Parliament entzündete sich bei der Aufarbeitung der vor knapp einem Jahr kontrovers diskutieren Affäre um Cambridge Analytica. In den USA droht Facebook wegen seiner Rolle in dem Skandal eine „Rekordstrafe“.

Auch in Deutschland ist Facebook nicht unumstritten. Anfang Februar hat das Bundeskartellamt (BKartA) dem Unternehmen die Zusammenführung von Nutzerdaten aus verschiedenen Quellen wie etwa WhatsApp, Instagram oder Facebook Messenger untersagt. Diese Möglichkeit hatte sich das Unternehmen in seinen Nutzungsbedingungen vorbehalten (vgl. https://www.facebook.com/about/privacy/update, Informationen von Partnern). Das heißt: Wenn Drittseiten Facebook-Funktionen wie den „Like-Button“ (sog. Soziale Plugins) oder ein „Facebook Login“ implementiert haben, fließen die dort gesammelten Daten über eine Programmierschnittstelle, das sog. API, automatisch an Facebook und können von dem Unternehmen zur Ergänzung des Nutzerprofils verwendet werden. Dass der „Like-Button“ betätigt wurde, ist dafür nicht notwendig. Die Verarbeitung dieser Daten kann auch nicht durch entsprechende Privatsphäre-Einstellungen auf Facebook verhindert werden (vgl. hierzu Hoffer/Lehr in: NZKart 2019, S. 10, 12 f. sowie Quelle 7). Das BKartA ist der Meinung, dass solche Klauseln missbräuchlich sind und Facebook damit seine marktbeherrschende Stellung ausnutzt (§ 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 GWB), weil die Einwilligung in eine solche Zusammenführung von Daten bislang obligatorisch war. Als marktbeherrschendes Unternehmen (§ 18 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3, Abs. 3a GWB) unterliege Facebook aber besonderen kartellrechtlichen Pflichten und müsse berücksichtigen, dass Nutzer nicht auf andere Plattformen ausweichen können (vgl. Quelle 5 und 6). In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (das BKartA zitiert die sog. „Pechstein-Entscheidung“, BGH Urt. v. 07.06.2016, Az.: KZR 6/15) sei anerkannt, dass die Ausbeutung einer Vorrangstellung nicht nur durch die Erhebung überhöhter Preise, sondern auch durch die Unangemessenheit vertraglicher Regelungen erfolgen könne, sog. Konditionenmissbrauch (siehe Quelle 4). Wenn Facebook weiter auf Drittseiten Nutzerinformationen sammeln wolle, müsse es die Datenverarbeitung stark beschränken und das neue Vorgehen dem BKartA vorstellen.

Gegen die Entscheidung des BKartA hat der Social-Media-Dienst nach Medienmeldungen nun Beschwerde beim Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf eingelegt. Eine Begründung liegt der Beschwerde zwar noch nicht bei (so der aktuelle Stand am 18.02.2019), aufgrund einiger bereits getätigter Äußerungen lässt sich aber mutmaßen, dass sich das Unternehmen unter anderem darauf berufen wird, dass mit YouTube, Snapchat und Twitter ein harter Wettbewerb bestehe und man daher gar nicht marktbeherrschend sei. Auch setze man die DSGVO um. Dem hält das BKartA entgegen, dass solche Dienste (insbesondere LinkedIn oder YouTube) andere Bedürfnisse befriedigen würden und daher für die Bewertung der marktbeherrschenden Stellung nicht relevant seien. Auch sei der ehemalige Wettbewerber Google+ nun ausgeschieden, so dass in Deutschland nur einige kleinere Anbieter verbleiben würden. Facebook hingegen komme auf 23 Millionen Nutzer am Tag und der von Facebook aufgekaufte Messaging-Dienst WhatsApp habe zwischen 40 und 60 Millionen aktive Nutzer. Hinsichtlich der „daily active user“ komme Facebook daher auf einen Marktanteil von 90%. Betrachtet man die monatlich aktiven Use kommt das Unternehmen auf 80 % Marktanteil. Auch ändere die Anwendung der DSGVO nichts an der umfassenden Datenerhebung, die aufgrund einer durch Marktmacht „erzwungenen Pro-Forma“ Einwilligung erfolge.

Es bleibt abzuwarten, wie das OLG Düsseldorf entscheiden wird. Das BKartA wirkt jedenfalls sehr entschlossen, die von ihm angeordnete Untersagung durchzusetzen. Es hat bereits darauf hingewiesen, dass es regelmäßig Zwangsgelder in Millionenhöhe anordnen könne, wenn Facebook weiterhin Nutzerdaten zusammenführe.

 

Quellen:

1)Siehe zur Kritik des House of Commons an Facebook:

https://www.n-tv.de/wirtschaft/Parlamentsbericht-nennt-Facebook-Gangster-article20862061.html (zuletzt abgerufen: 18.02.2019)

2) Siehe zu Cambridge Analytica

https://www.for-net.info/2018/05/18/skandal-um-cambridge-analytica-und-facebook-ein-ueberblick-stand-17-05-2018/ (zuletzt abgerufen: 18.02.2019)

https://www.tagesspiegel.de/politik/anhoerung-im-us-kongress-mark-zuckerberg-uebernimmt-verantwortung-fuer-datenskandal/21161300.html (zuletzt abgerufen: 18.02.2019)

3) zur Facebook drohenden Milliardenstrafe in den USA

https://www.welt.de/wirtschaft/article188885389/Beschwerde-Facebook-geht-gegen-Bundeskartellamt-vor.html (zuletzt abgerufen: 18.02.2019)

4) zu den Maßnahmen des BKartA vgl.:

https://www.bundeskartellamt.de/SharedDocs/Meldung/DE/Pressemitteilungen/2019/07_02_2019_Facebook.html;jsessionid=DEA2F8B1C5F0E28E0FEBF234DCFEB9AB.2_cid387?nn=3591568

5) http://www.zwh-online.de/54475.htm

6) becklink 2012189

7) „Hintergrundinformationen zum Facebook-Verfahren des BKartA“
https://www.bundeskartellamt.de/SharedDocs/Publikation/DE/Pressemitteilungen/2019/07_02_2019_Facebook_FAQs.pdf?__blob=publicationFile&v=7

8) zur Kritik von Facebook an der Entscheidung des BKartA siehe

http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/bundeskartellamt-entscheidet-facebook-muss-daten-sammlung-aendern-a-1252007.html

9) zur Gegendarstellung der BKartA zur Kritik von Facebook siehe etwa:

https://www.heise.de/newsticker/meldung/Kartellamt-untersagt-Facebook-Datensammlung-auf-fremden-Websites-4300461.html

10) Fallbericht des BKartA

https://www.bundeskartellamt.de/SharedDocs/Entscheidung/DE/Fallberichte/Missbrauchsaufsicht/2019/B6-22-16.pdf?__blob=publicationFile&v=3

11) zu den angedrohten Zwangsgeldern

https://www.handelsblatt.com/unternehmen/it-medien/soziales-netzwerk-kartellamt-geht-gegen-facebook-vor-netzwerk-muss-das-datensammeln-einschraenken/23959890.html?ticket=ST-1320471-3RQWnilxLFXoPxrrhHCb-ap6

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