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EuGH: Wiederverkauf gebrauchter E-Books ist unzulässig

Noch kurz vor Weihnachten und vor der Pause zum Jahreswechsel hat der EuGH den Handel mit gebrauchten E-Books für unzulässig erklärt (EuGH v. 19.12.2019 – Az. C-263/18). Die Richter in Luxemburg entschieden, dass der Weiterverkauf von E-Books eine öffentliche Wiedergabe gemäß der InfoSoc-Richtlinie 2001/29[1] darstellt und mithin dessen Zulässigkeit von der Zustimmung des Urhebers abhängt.

 

Hintergrund

Der Hintergrund des Falles ist die Klage der niederländischen Verlegerverbände Nederlands Uitgeversverbond (NUV) und Groep Algemene Uitgevers (GAU), welche die Interessen der niederländischen Verleger vertreten, gegen das ebenfalls niederländische Unternehmen Tom Kabinet.[2] Das Unternehmen führt im Rahmen eines „Leseclubs“ eine Online-Verkaufsplattform für „gebrauchte“ E-Books. Kunden, die ein „gebrauchtes“ E – Book über die Plattform gekauft haben sind dazu aufgefordert, dieses nach der Lektüre zurück an Tom Kabinet zu verkaufen.[3] Im Gegenzug erhalten die Kunden eine Gutschrift.[4]

Die Verleger sahen ihre Urheberrechte durch das Geschäftsmodell verletzt und erhoben sodann Klage auf Untersagung der Zugänglichmachung und Vervielfältigung vor der Rechtbank in Den Haag (Gericht Den Haag).[5] Das Gericht in Den Haag setzte das Verfahren aus und legte es zur Vorabentscheidung dem EuGH vor.

 

Kernfrage

Mittelpunkt des Verfahrens war die Frage, ob bei der dauerhaften Nutzung durch Download von „gebrauchten“ E-Books eine öffentliche Wiedergabe i.S.d. Art. 3 Abs. 1 InfoSoc-Richtlinie 2001/29 vorliegt oder ob es sich hierbei vielmehr um eine Verbreitung an die Öffentlichkeit gem. Art. 4 Abs. 1 RL 2001/29 handelt. Die rechtliche Einordnung ist insoweit sehr bedeutsam, da der Erschöpfungsgrundsatz i.S.d. Art. 4 Abs. 2 RL 2001/29 nur bei der Verbreitung an die Öffentlichkeit gilt, nicht aber bei einer öffentlichen Wiedergabe.[6] Der Erschöpfungsgrundsatz besagt, dass sich die ausschließlichen Verbreitungsrechte an einem Werk dann erschöpfen, wenn es mit Zustimmung des Rechteinhabers einmal innerhalb der Union und den EWR-Staaten vertrieben worden ist.

 

Entscheidung des EuGH

Mit seinem Urteil vom 19.12.2019 entschied der Gerichtshof, dass es sich beim Weiterverkauf von „gebrauchten“ E-Books um eine öffentliche Wiedergabe i.S.d. Art 3 Abs. 1 RL 2001/29 handelt. Es bedarf somit für die Verbreitung des Werks der Zustimmung des Urhebers.[7]

Hierbei argumentiert der EuGH, dass das Interesse des Urhebers, angemessen vergütet zu werden, durch das Geschäftsmodell von Tom Kabinet erheblich stärker beeinträchtigt werde, als dies beim Verkauf von analogen bereits benutzten Büchern der Fall sei. Darüber hinaus könne sich der Zustand einer digitalen Kopie eines Buches auf einem E-Book gegenüber dem eines gedruckten Buches nicht verschlechtern.[8] Erwerbe man dieses Exemplar auf einem Second-Hand-Markt, so erhalte man ein perfektes Exemplar für einen deutlichen geringeren Preis.[9]

 

Fazit

Das Urteil des EuGH ist insoweit wegweisend, als hierdurch die unterschiedliche rechtliche Behandlung von physischen Büchern im Gegensatz zu digitalen bestehen bleibt.[10] Obwohl der EuGH im Falle von gebrauchter Computersoftware den Weiterverkauf für zulässig erklärte, handelt es sich bei der Entscheidung nicht um eine besondere Überraschung. So hatten schon bereits vorausgegangene Gerichtsverfahren deutscher Gerichte einen Weiterverkauf „gebrauchter“ E-Books untersagt.[11] Auch der Börsenverein des Deutschen Buchhandels stellt sich hinter das Urteil, da Autoren auf eine angemessene Vergütung angewiesen sind und es Verlagen ermöglicht, neue Geschäftsmodelle mit digitalen Medien zu entwickeln.[12]

 

 


[1]Richtlinie zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft, abrufbar unter:

 https://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2001:167:0010:0019:DE:PDF, (zuletzt abgerufen am 07.01.2020).

[2] Vgl. ZEIT ONLINE, abrufbar unter: https://www.zeit.de/gesellschaft/2019-12/eugh-urteil-e-books-leser-verkaufen-urheberrecht-handel-weitergabe (zuletzt abgerufen am 07.01.2020).

[3] Vgl. https://www.heise.de/newsticker/meldung/EuGH-Gebrauchte-E-Books-duerfen-nicht-weiterverkauft-werden-4620018.html

[4] Vgl. ZEIT ONLINE, abrufbar unter: https://www.zeit.de/gesellschaft/2019-12/eugh-urteil-e-books-leser-verkaufen-urheberrecht-handel-weitergabe (zuletzt abgerufen am 07.01.2020).

[5] Vgl. EuGH v. 19.012.2019 Rn. 20 ff., abrufbar unter: http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf;jsessionid=5A051427D494E19F452D656F84AB937A?text=&docid=221807&pageIndex=0&doclang=de&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=6740402 (zuletzt abgerufen am 07.01.2020).

[6] Vgl. http://hoganlovells-blog.de/2018/07/23/zweitmarkt-fuer-gebrauchte-e-books-eugh-muss-entscheiden/ (zuletzt abgerufen am 08.01.2020).

[7] Vgl. André Niedostadek, LTO, abrufbar unter: https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/eugh-c26318-gebrauchte-e-books-oeffentliche-wiedergabe-urheberrecht/ (zuletzt abgerufen am 07.01.2020).

[8] Vgl. EuGH v. 19.012.2019 Rn. 58, abrufbar unter: http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf;jsessionid=5A051427D494E19F452D656F84AB937A?text=&docid=221807&pageIndex=0&doclang=de&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=6740402 (zuletzt abgerufen am 07.01.2020).

[9] Vgl. André Niedostadek, LTO, abrufbar unter: https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/eugh-c26318-gebrauchte-e-books-oeffentliche-wiedergabe-urheberrecht/ (zuletzt abgerufen am 07.01.2020).

[10] Vgl. http://hoganlovells-blog.de/2018/07/23/zweitmarkt-fuer-gebrauchte-e-books-eugh-muss-entscheiden/ (zuletzt abgerufen am 08.01.2020).

[11] OLG Stuttgart v. 03.11.2011 – 2 U 49/11; OLG Hamm v. 15.05.2015 – 22 U 60/13.

[12] Vgl. ZEIT ONLINE, abrufbar unter: https://www.zeit.de/gesellschaft/2019-12/eugh-urteil-e-books-leser-verkaufen-urheberrecht-handel-weitergabe (zuletzt abgerufen am 08.01.2020).

 

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