Mit zunehmender Verbreitung moderner Kommunikationsmedien gewinnt die elektronische Kommunikation immer mehr an Akzeptanz. Die Vorteile liegen auf der Hand: eine schnellere und effektivere Kommunikation spart Zeit und Geld. Dies hat auch der Gesetzgeber erkannt, indem er den Ländern mit § 55 VwGO die Möglichkeit des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten eröffnete. Das Justizwesen steht damit vor einer gewaltigen Aufgabe, denn es gilt in den nächsten Jahren das verstaubte Akten- und Kommunikationssystem in eine moderne elektronische Form zu überführen. Damit tut sich aber ein Konfliktfeld auf, nämlich die Frage inwieweit durch die Einführung neuer Medien die richterliche Unabhängigkeit, vgl. § 26 Abs. 1 DRiG iVm Art 97 GG, tangiert ist.
Mit dieser Frage musste sich 2009 das OLG Hamm beschäftigen: Einem mit Handelsregistersachen betrautem Richter wurde dessen Ansinnen verwehrt in Zukunft die elektronisch eingereichten Eingaben in ausgedruckter Form zu erhalten. Der Direktor des Amtsgerichts begründete dies mit einem nicht gerechtfertigten enormen Zeit- und Kostenaufwand, der zudem dem Zweck der Einführung eines elektronischen Handelsregisters zuwider laufe. Der betroffene Richter könne sich die Unterlagen selbst ausdrucken, sodass kein Verstoß gegen die richterliche Unabhängigkeit vorläge.
Das Dienstgericht wies dies jedoch zurück und erklärte die Weigerung der Ausdrucke als unzulässig. Dies ließe sich darauf zurück führen, dass das Aktenstudium ein Kern richterlicher Tätigkeit darstelle und somit geeignet sei, die Unabhängigkeit zu beeinträchtigen. Darüber hinaus wies es auf das hohe Haftungsrisiko bei Falscheingabe und dem damit verbundenen leichteren Kontrolle durch Nebeneinanderlegen der jeweiligen ausgedruckten Dokumente hin und kam zu dem Ergebnis, dass die Pflicht zum Einsatz neuer Medien dort ihr Ende fände, wo die richterliche Unabhängigkeit – nach willkürfreier Einschätzung des betroffenen Richters – im Einzelfall beeinträchtig sei.
Horn stellt diese Argumentationsansätze in einem zu diesem Urteil erschienen Beitrag umfassend dar und stellt unter dem Stichwort „ergonomische IT“ zudem eine Lösung des Konfliktbereichs in Aussicht: Die richterliche Unabhängigkeit komme nämlich dann nicht in einen Konflikt mit den neuen Medien, wenn dem Richter die modernsten (elektronischen) Hilfsmittel tatsächlich zur Verfügung gestellt würden, sodass er seine „händische „ Fähigkeit bestmöglich einsetzten könne. Vertiefend: Horn, jurisPR-ITR 11/2010 Anm. 6