Im Jahr 2017 ist auch der Wahlkampf vollends digitalisiert. Allein die Partei “Die Grünen” investierten in diesem Bundestagswahlkampf rund € 900.000 für Aktivitäten im social media Bereich.1 Diese recht neue Art der Wahlkampfführung bietet nicht nur die Möglichkeit, einen besonderen Kontakt zu primär jüngeren Zielgruppen aufzubauen, sondern auch bei allen Nutzern von social media zielgerichtete und damit möglichst effektive Wahlkampfmaßnahmen durchführen zu können.
Durch die Algorithmen der sozialen Netzwerke ist es grds. möglich, passgenaue Werbeannoncen zu schalten, die daraufhin auch nur der entsprechenden Gruppe eingeblendet werden. Dieses Werbekonzept wird “Microtargeting” genannt. Sofern Werbeannoncen dann nicht allgemein öffentlich gemacht werden, spricht man von “dark ads”.2
Die Grundkonzeption des “Microtargeting”, also einer personalisierten Werbung, ist dabei keineswegs verwerflich sondern hilft Streuverluste in der Werbung zu vermeiden und damit das Interesse für die Positionen der Parteien zu erhöhen.3 Indes ist, insbesondere beim Vorliegen von “dark ads”, eine gewisse Gefahr der unlauteren Meinungsbeeinflussung.4
Besonders im US-Wahlkampf kam es zu einer großen Kritik an der Verwendung von “dark ads”, da diese im Zweifel auch dazu geeignet sind Ressentiments oder Unwahrheiten zu streuen. Unklar war aber auch in diesem Zusammenhang ob bzw. in welchem Umfang eine Beeinflussung der US-Wahl durch “dark ads” wirklich vorlag.5
Der Einsatz von Microtargeting bei der Bundestagswahl 2017 ist nicht völlig transparent. Einige Parteien (FDP, Die LINKE, die Grünen) verwendeten nach eigenen Angaben zumindest personalisierte Facebook-Werbung. SPD, CDU, CSU und AfD wollten hierüber keine näheren Auskünfte geben.6 Noch unklarer ist, ob die personalisierten Werbeannoncen dann stets allgemein öffentlich gemacht werden, oder ob es sich um “dark ads” handeln könnte.7
Insgesamt bleibt damit bezogen auf die Bundestagswahl eine gewisse Unklarheit, was den Umgang und Umfang der neuen Werbemittel der Parteien angeht. Auch wenn in Deutschland eine entscheidende Beeinflussung der Wahl durch “Microtargeting” und “dark ads” bislang wohl noch nicht zu befürchten ist, da vielerlei andere Einflussfaktoren vorherrschen, so ist doch eine gewissen Vorsicht geboten. Schon aus datenschutzrechtlicher Sicht, ist die Möglichkeit, durch umfassende Algorithmen Rückschlüsse auf die Vorlieben und Ansichten des betreffenden Nutzers ziehen zu können, weiterhin mit besonderer Aufmerksamkeit zu verfolgen.
1 http://www.deutschlandfunk.de/digitale-kampagnenfuehrung-die-parteien-und-das-netz.724.de.html?dram:article_id=395541.
2 ZAPP-Medienmagazin vom 13.09.2017, Min. 09:33.
3 http://www.sueddeutsche.de/digital/wahlkampf-in-sozialen-medien-koennen-parteien-mit-personalisierter-werbung-die-wahl-manipulieren-1.3581781.
4 ZAPP-Medienmagazin vom 13.09.2017, Min. 10:33
5 Zur Verdeutlichung der Meinungspluralität in diesem Zusammenhang: https://www.dasmagazin.ch/2016/12/03/ich-habe-nur-gezeigt-dass-es-die-bombe-gibt/ ; http://www.zeit.de/digital/internet/2016-12/us-wahl-donald-trump-facebook-big-data-cambridge-analytica/seite-3
6 https://netzpolitik.org/2017/wahlkampf-in-der-grauzone-die-parteien-das-microtargeting-und-die-transparenz/.
7 Weitergehend: https://netzpolitik.org/2017/wahlkampf-in-der-grauzone-die-parteien-das-microtargeting-und-die-transparenz/; https://www.heise.de/tp/features/Bundestagswahlkampf-2017-Mikrotargeting-und-Plakatparodien-3819055.html.