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BVerwG untersagt BND die Speicherung von Telefonie-Metadaten mangels rechtlicher Grundlage

Mit Urteilen vom 13.12.2017 hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschieden, dass der Bundesnachrichtendienst (BND) im Verkehrsdatenanalysesystem VERAS Telefon-Metadaten weder speichern noch nutzen dürfe. Damit gab das Gericht den Unterlassungsklagen eines Rechtsanwalts sowie eines Vereins teilweise statt. Konkret fehle es an einer die Praxis des BND rechtfertigenden, einschlägigen Ermächtigungsgrundlage, so das BVerwG (Az.: 6 A 6.16 und 6 A 7.16).
I. Hintergrund: Analysesystem VERAS und Sachverhalt
Seit 2002 speichert der BND im Analysesystem VERAS Verbindungsdaten, sog. Telefonie-Metadaten, aus leitungsgebundenen Telefongesprächen mit dem Ausland und nutzt sie für nachrichtendienstliche Analysen, wobei die Inhalte der Gespräche selbst nicht betroffen sind. Nach Angaben des Nachrichtendienstes würden die Daten vor der Speicherung anonymisiert, sofern sie – wie beispielsweise Telefonnummern – für sich genommen individualisierbar sind. Ursprüngliche Quellen der Metadaten sind die strategische Fernmeldeüberwachung, der Bereich der Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung sowie der Austausch mit anderen Nachrichtendiensten.
Das Gericht gab damit der Klage eines Vereines – Reporter ohne Grenzen (ROG) – und des Berliner Rechtsanwalts Niko Härting gegen selbiges BND-Analysesystem teilweise statt. Die Parteien klagten auf Unterlassung der Speicherung und Nutzung der Verbindungsdaten aus ihren Telekommunikationsverkehren im VERAS-System. In Teilen wurden die Klagen deshalb abgewiesen, weil ein öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch nicht gegeben sei, soweit es um die Speicherung von Metadaten aus Internet- und E-Mail-Verkehren ginge. Eine solche, so die Leipziger Verwaltungsrichter, erfolge durch VERAS nämlich gerade nicht.
Das BVerwG war letztinstanzlich für den Fall zuständig. Zuvor war 2014 eine inhaltlich teilweise deckungsgleiche Klage Härtings als unzulässig abgelehnt worden, da dieser seine persönliche Betroffenheit nicht erfolgreich nachweisen konnte (BVerwG, Urt. v. 28.05.2014, Az. 6 A 1.13).
II. Entscheidung des BVerwG: Fehlende Rechtsgrundlage für Eingriff in das Fernmeldegeheimnis
Die Leipziger Richter betonten, dass insbesondere auch die vor Speicherung erfolgte Anonymisierung der Daten der durch Art. 10 Abs. 1 GG geschützten Personen nichts an der Rechtswidrigkeit der Praxis des BND ändere. Die Erhebung, Speicherung sowie Nutzung von Telefonie-Metadaten greife in das Fernmeldegeheimnis ein, sodass ein derartiges Vorgehen des BND nur zulässig sei, sofern es sich auf eine gesetzliche Grundlage stützen ließe. An eben einer solchen Grundlage fehle es aber.
Ebenfalls machte das Bundesverwaltungsgericht deutlich, dass auch die Regelungen zur strategischen Fernmeldeüberwachung nach dem Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (G 10, benannt nach Art. 10 GG) nicht zur Anwendung kommen würden. Es decke lediglich die Speicherung zur Auswertung nach konkreten Suchbegriffen, ermächtige aber nicht zu einer generellen Analyse der Verbindungen (vgl. § 5 G 10). Diese Erkenntnisse könnten zwar hinsichtlich abschließend umschriebener Gefahrenbereiche genutzt werden, eine darüber hinausgehende Praxis im Umgang mit Telefonie-Metadaten sei von diesem Zweck der Datenerhebung hingegen nicht gedeckt.
Ferner würden weder die gesetzlichen Regelungen der Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung noch die der Zusammenarbeit mit ausländischen Nachrichtendiensten taugliche Rechtsgrundlagen für die BND-Praxis enthalten.
III. Resonanz und Bewertung
Gegenüber LTO kommentierte Härting das Urteil als einen Schritt dahin, in „diesem Bereich Recht und Ordnung einkehren zu lassen. […] Diese Datenbank wird der BND so nun nicht mehr fortführen können“. Laut dem Berliner Anwalt sei dies bereits deswegen der Fall, da nun jedermann erfolgreich gerichtlich gegen die Speicherung seiner eigenen Daten vorgehen könne.
Laut Christian Mihr, Geschäftsführer der ROG, ist „das Urteil ein historischer Erfolg für Reporter ohne Grenzen, weil es uns gelungen ist, dem BND Grenzen aufzuzeigen“.
Von Seiten des BND teilte man mit, die Entscheidung des Gerichts zur Kenntnis genommen zu haben. In gegenwärtiger Ermangelung der Urteilsbegründung hieß es weiter, selbige „wird nach Eingang in der gebotenen Sorgfalt ausgewertet“. Eine finale Stellungnahme des BND bleibt damit noch abzuwarten.

Auch wenn das Urteil streng genommen nur für die Kläger gilt, ist es doch allgemeinhin als eindeutige Absage an das Datensammeln des BND zu werten. Folglich müsste der BND gespeicherte Daten über telefonische Auslandsgespräche löschen, da es laut BVerwG – wie bereits aufgezeigt – für die Speicherung eben dieser Daten an der nötigen gesetzlichen Grundlage fehle.
Was das Urteil in der Praxis für die betroffenen Bürger tatsächlich bewirkt, ist noch unklar. Denkbar wäre eine Änderung entsprechender Gesetze, um dem BND eine legale Möglichkeit der Datenerhebung zu ermöglichen. Letztere würde neben rechtsstaatlichen Aspekten wohl auch von politischen Überlegungen getragen – die allerdings maßgeblich von der zukünftigen Regierung abhängen würden. Zur besseren Einschätzung der Sachlage erscheint es daher geboten, die bislang noch ausstehende Stellungnahme des BND selbst abzuwarten. Erst dann werden das Urteil sowie seine konkreten Folgen womöglich greifbarer. Spannend bleibt auch, wie sich die Literatur äußern wird.

Weiterführende Quellen:
https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/bverwg-6a6-16-bnd-daten-speicherung-telefonie-veras-reporter-ohne-grenzen-klage/ (zuletzt geöffnet am: 18.12.2017)
http://www.zeit.de/digital/datenschutz/2017-12/bundesverwaltungsgericht-urteil-bundesnachrichtendienst-speicherung-metadaten-telefon-verboten (zuletzt geöffnet am: 18.12.2017)
https://rsw.beck.de/aktuell/meldung/bverwg-bnd-darf-keine-telefonmetadaten-mehr-im-veras-system-speichern-und-nutzen (zuletzt geöffnet am: 18.12.2017)

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