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LG Berlin: Fotografische Reproduktionen von Gemälden genießen eigenen Urheberrechtsschutz

Nach Ansicht des LG Berlin (Urt. v. 31.05.2016; Az.: 15 O 428/15) können auch fotografische Reproduktionen von Gemälden unter dem Lichtbildschutz des § 72 Abs. 1 UrhG stehen.

In dem verfahrensgegenständlichen Sachverhalt geht es um 17 Gemälde aus der Sammlung des Reiss-Engelhorn- Museums in Mannheim, die zwischen den Jahren 1660 und 1900 gemalt wurden. Von diesen Gemälden wurden vom hauseigenen Fotografen des Museums Fotografien erstellt. Diese Aufnahmen wurden schließlich von einem User auf Wikimedia Commons hochgeladen. Als das Museum von der Veröffentlichung der Fotografien erfuhr, verklagte es die Wikimedia Foundation und ihren deutschen Ableger Wikimedia Deutschland auf Unterlassung. Die Beklagten hielten dem entgegen, dass die Fotografien als bloße Reproduktionen gemeinfreier Gemälde nicht dem Lichtbildschutz unterfielen und daher nicht nur die Gemälde, sondern auch deren Fotografien gemeinfrei seien.

Das Gericht folgte im Wesentlichen den Anträgen des Klägers: Demnach seien die Fotografien eigene Werke die urheberrechtlichen Schutz gem. § 72 Abs. 1 UrhG genießen. Dies sei jedenfalls dann anzunehmen, wenn für die Aufnahme ein gewisser Aufwand nötig ist. Bei Fotografien, die das Gemälde exakt wiedergeben sollen handelt es sich nicht um ein „spontanes Abknipsen“- vielmehr sei ein erheblicher Aufwand nötig, um eine detaillierte Wiedergabe des Gemäldes mit Tiefen in Details, Farben und Schattierungen, aber ohne störende Spiegelungen und Verzerrungen herzustellen.

Allerdings, so das Gericht weiter, hafte nur die Wikimedia Foundation als Störerin i.S.d. § 97 UrhG. Demnach ist Störer gem. § 97 UrhG Als Störer, wer in irgendeiner Weise willentlich oder adäquat kausal an der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat, sofern es ihm rechtlich und tatsächlich möglich sowie zumutbar ist, die unmittelbare Rechtsverletzung zu unterbinden bzw. zu verhindern. Dem deutschen Ableger von Wikimedia fehle hingegen die Störereigenschaft, da Wikimedia Deutschland lediglich einen Link zur Muttergesellschaft gesetzt hatte, ohne Einfluss auf die dort hochgeladenen Inhalte zu haben.

Wikimedia Deutschland erklärte in einer Stellungnahme, dass dieses Urteil einen langfristigen Schaden für die Gemeinfreiheit darstelle. Deshalb habe sich die Stiftung entschlossen, in die nächste Instanz zu ziehen.

http://www.spiegel.de/netzwelt/web/urheberrechtsstreit-wikimedia-verliert-bildstreit-um-alte-gemaelde-a-1099060.html

http://www.rem-mannheim.de/fileadmin/redakteure/Presse/Pressemeldungen-pdf/2016-06-22_Stellungnahme-Urheberrechte-LG-Berlin-Urteil.pdf

http://www.mueller-roessner.net/landgericht-berlin-erklaert-reproduktionen-gemeinfreier-gemaelde-fuer-urheberrechtlich-geschuetzt/

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