AllgemeinDatenschutzWettbewerbsrecht

WhatsApp: Aufforderung zur Annahme der neuen Datenschutzbedingungen ist Verbraucherschützern zu aufdringlich

Die Ankündigung der Änderungen der WhatsApp-Nutzungsbedingungen schlagen weiterhin hohe Wellen. Nachdem die öffentliche Diskussion um die avisierte Datenweitergabe an den Facebook-Konzern, zu dem auch WhatsApp gehört, einige Nutzerinnen und Nutzer dazu bewogen hatte, die Abkehr von dem Messenger anzukündigen, stößt nun das aufdringliche Drängen der App, die Bedingungen zu akzeptieren, auf Kritik.

Datenweitergabe an Mutterkonzern Facebook

Im Januar 2021 hatte der Messengerdienst neue Geschäftsbedingungen angekündigt, die unter anderem „Integrationen [bereitstellen], die dich in die Lage versetzen, deine WhatsApp-Erfahrungen mit anderen Produkten von Facebook-Unternehmen zu verbinden“, beispielsweise mit dem Facebook-Bezahldienst.[1] Die Daten sollten unter anderem für Freundesvorschläge und Personalisierung, etwa von Werbeanzeigen, genutzt werden. Laut WhatsApp ändere sich im Geltungsbereich der DSGVO nichts Grundlegendes. Zu der Frage, weshalb auch in der deutschen Fassung der neuen Datenschutzerklärung Anpassungen vorgenommen wurden („Wir haben berechtigte Interessen, personenbezogene Daten zu folgenden Zwecken zu verarbeiten: Zur Förderung der Produkte von Facebook-Unternehmen und zum Versenden von Direktwerbung“)[2], äußerte sich das Unternehmen nicht.

Dass der Dienst personenbezogene Daten mit Facebook teilt, wurde bereits kurz vor Inkrafttreten der DSGVO angekündigt.[3] Ein Widerspruch gegen die Datenweitergabe war und ist jedoch zumindest in der Praxis fruchtlos.

Die neuen Datenschutzregeln, die Nutzerinnen und Nutzer bis Anfang Februar hätten akzeptieren müssen, um WhatsApp weiterhin zu verwenden, sorgten für größeres Aufsehen als erwartet. Die Download-Zahlen alternativer, datenschutzfreundlicherer Angebote wie Signal oder Threema schossen in die Höhe. Das Verifizierungssystem des Messengerdienstes Signal war durch den großen Andrang im Januar sogar kurzzeitig überlastet.[4] Viele Menschen kündigten an, WhatsApp überhaupt nicht mehr benutzen zu wollen – doch dieser (gute?) Vorsatz blieb offenbar folgenlos: Eine Umfrage im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur hatte ergeben, dass 13 Prozent der WhatsApp-Nutzer die App löschen wollten, doch 52 Prozent hatten den Mitte Mai in Kraft getretenen neuen Bestimmungen bereits zugestimmt.[5]

Zwischenzeitlich hatte WhatsApp die ursprünglich angekündigten negativen Folgen einer Ablehnung der Bedingungen – unter anderem die Einschränkung des Funktionsumfangs –ausgesetzt.[6] Dennoch erscheinen bei Nutzung der App wiederholt Pop-Ups, die zur Annahme der Regeln auffordern.

Verbraucherschützer reichen Beschwerde ein

Die Europäische Verbraucherschutzorganisation The European Consumer Organisation (Bureau Européen des Unions de Consommateurs – BEUC) hatte am 12.07.2021 eine Beschwerde bei der Europäischen Kommission und dem Netzwerk für Europäische Verbraucherzentren (EVZ-Netz) eingereicht.[7] BEUC kritisiert unter anderem, dass WhatsApp auf unlautere Weise zur Annahme der neuen Datenschutzregeln dränge und damit gegen die EU-Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken[8] verstoße. Die aufdringlichen Benachrichtigungen, mit denen zum Akzeptieren der Bedingungen aufgefordert wird, beeinträchtigten die Wahlfreiheit der Nutzerinnen und Nutzer und setzten diese unangemessen unter Druck. Auch sei die Formulierung unklar und nicht ausreichend verständlich, die Nutzerinnen und Nutzer wüssten nicht, wozu genau sie ihre Zustimmung erteilen würden.[9]

BEUC fordert ein entschiedenes, zügiges Vorgehen der Behörden, sowohl hinsichtlich der unlauteren Aufforderungen als auch in Bezug auf den Datenschutzaspekt selbst.[10] Die Datenschutz- und Verbraucherbehörden sollten in dieser Angelegenheit auch stärker zusammenarbeiten.

Haben Alternativen überhaupt eine Chance?

Einige Menschen hegen nur wenig Bedenken mit Blick auf den Datenschutz bei WhatsApp oder geben sich in gewisser Hinsicht geschlagen. Ein maßgeblicher Grund dafür ist der Gruppenzwang: Wenn Freunde, Bekannte und Familienangehörige nicht auf andere Messenger ausweichen wollen – sei es aus Bequemlichkeit oder weil sie die Einrichtung eines neuen Chat-Accounts scheuen –, büßen Alternativen an Attraktivität ein. Damit bleibt nur die Wahl zwischen der Aufgabe der Kommunikation mit bestimmten Kontakten oder die Weiternutzung von WhatsApp.

Solange sich die (wichtigsten) Chatpartner nicht ebenfalls zu einem Wechsel überreden lassen, sind damit die Chancen für Alternativen, sich gegen den Platzhirsch[11] durchzusetzen, von vornherein gering.[12]


[1] Tremmel, Whatsapp stellt Nutzern ein Ultimatum, Golem.de, 07.01.2021, dort auch zum Folgenden.

[2] Tremmel, Whatsapp stellt Nutzern ein Ultimatum, Golem.de, 07.01.2021

[3] Vgl. Greis, Whatsapp ignoriert Widersprüche zu Datenweitergabe, Golem.de, 16.11.2018, dort auch zum Folgenden.

[4] Vgl. Schräer, Signal Messenger: Ansturm neuer Nutzer überlastet Signals Anmeldesystem, Heise Online, 08.01.2021.

[5] Vgl. Umfrage: Große Mehrheit nutzt WhatsApp nach Datenschutz-Streit weiter, Heise Online, 19.06.2021.

[6] Vgl. WhatsApp: Vorerst keine Folgen bei Ablehnung neuer Datenschutz-Regeln, Heise Online, 29.05.2021.

[7] Vgl. BEUC, Pressemitteilung vom 12.07.2021, dort auch zum Folgenden.

[8] Richtlinie 2005/29/EG.

[9] Vgl. Grüner, Beschwerde gegen Whatsapp bei EU-Kommission, Golem.de, 12.07.2021.

[10] Vgl. BEUC, Pressemitteilung vom 12.07.2021, dort auch zum Folgenden.

[11] Knapp 80 Prozent der in einer Umfrage im Juni 2021 Befragten gaben an, WhatsApp auf dem Smartphone installiert zu haben und zu nutzen, vgl. Haben Sie aktuell oder hatten Sie in den vergangenen 12 Monaten WhatsApp auf dem Smartphone?, Statista/YouGov, Juni 2021.

[12] Vgl. auch Pakalski, Datenschützer kritisiert sozialen Zwang bei Chatdiensten, Golem.de, 08.07.2021.

Sämtliche Links wurden zuletzt am 13.09.2021 abgerufen.

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