AllgemeinInternetrechtUrheberrecht

BGH – „Alles kann besser werden“

Das Tatbestandsmerkmal „gewerbliches Ausmaß“ des § 101 Abs. 1 Satz 1 UrhG, welcher dem Rechteinhaber einen Auskunftsanspruch gegen den Schädiger gewährt, wurde bislang kontrovers diskutiert und von den Gerichten unterschiedlich ausgelegt. Zum Teil wurde ein gewerbliches Ausmaß alleine durch die private Nutzung einer Tauschbörse bejaht (LG Oldenburg, Beschl. V. 15.09.2008 – 5 O 2421/08), wohingegen ein gewerbliches Ausmaß ausgeschlossen wurde, wenn es sich bei dem User um eine Privatperson handelte (LG Frankenthal, Beschl. v. 15.09.2008 – 6 O 325/08).

Diese divergierende Rechtsprechung könnte nun mit dem aktuellen Beschluss des BGH vom 19.04.2012 (I ZB 80/11 „Alles kann besser werden“) geklärt sein: Die Plattenfirma des Sängers Xavier Naidoo verlangte von der Deutschen Telekom AG als Provider Auskunft gem. § 101 Abs. 9, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UrhG über die persönlichen Daten (Name und Anschrift) eines Nutzers, der vier Tage lang einen Titel des Künstlers auf einer Online-Tauschbörse zum Downloaden bereitgestellt hatte. Während die Vorinstanzen darin kein gewerbliches Ausmaß sahen, entschied der BGH wie folgt: bei einem Auskunftsverlangen nach § 101 Abs. 2 UrhG komme nicht auf das gewerbliche Ausmaß der Rechtsverletzung, sondern vielmehr auf die gewerbsmäßig erbrachte Dienstleistung an, die für die rechtsverletzende Tätigkeit genutzt worden sei.

Der BGH stützte sich dabei auf den Schutzzweck von § 101 Abs. 2 UrhG. Die Vorschrift schafft einen Auskunftsanspruch insbesondere gegen Provider, ohne deren Hilfe von der Rechtsverletzung nicht auf die Person des Verletzers geschlossen werden kann (vgl. Dreier, in: Dreier/Schulze, UrhG, 3. Aufl. 2008, § 101, Rn. 10). Dieser Anspruch würde konterkariert werden, wenn der Rechteinhaber im Falle nicht-gewerblicher Urherberrechtsverletzungen keinen Auskunftsanspruch hätte. Der Rechteinhaber habe nicht nur Ansprüche auf Unterlassung und Schadensersatz gegen einen im gewerblichen Ausmaß handelnden Verletzer, sondern gegen jeden Verletzer. Der Antrag auf Auskunft setze lediglich eine Abwägung der Interessen des Rechteinhabers und des Anspruchsgegners und die Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes voraus (dazu auch MMR-Aktuell 2012, 335697).

Ausführlich dazu Heckmann, Editorial jurisPR-ITR 16/2012