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Die „Blockchain-Technologie“ – Ein neuer Megatrend?

Der Begriff Blockchain ist in aller Munde. Einige kennen Blockchains als Infrastruktur der Kryptowährung Bitcoin, andere wissen bereits um die enorme gesellschaftliche und wirtschaftliche Relevanz[1]  und ihre hohe technische und rechtliche Komplexität. Doch wenige verfügen tatsächlich über ein tieferes Verständnis der Technologie.

In der ersten, im Jahr 2008 von Satoshi Nakamoto[2] ersonnenen „Bitcoin-Blockchain“, sind inzwischen Bitcoins im Wert von über €40 Mrd. im Umlauf[3] und auf Blockchains basierende Kryptowährungen sind im Begriff die Finanzwelt von Grund auf zu revolutionieren.[4] Doch die Anwendungsmöglichkeiten von Blockchain sind deutlich facettenreicher und disruptiver.

Der Grund dafür liegt darin, dass das informationstechnische Konstrukt „Blockchain“, das eine Kombination aus Soft- und Hardware darstellt, ähnlich wie das Internet, keine spezifische Funktion hat, sondern als eine digitale Infrastruktur betrachtet werden kann.

Das Internet eignet sich hervorragend dafür, Informationen, die in Form von Daten vorliegen, weltweit jedem zur Verfügung zu stellen. Da Daten jedoch problemlos kopiert werden können und im Internet meist auf zentralen Servern gespeichert werden, scheitert es immer dann, wenn es darum geht, Daten, denen ein wirtschaftlicher oder ideeller Wert zukommt, gerade nicht öffentlich zu verbreiten, sondern nur bestimmte Berechtigte darüber verfügen zu lassen und diese ausschließliche Verfügungsmacht auch technisch vor äußeren Eingriffen zu schützen. Beispielhaft für dieses Scheitern seien etwa der unzureichende Schutz von Urheberrechten im digitalen Raum (Film- und Filesharing-Plattformen), die Problematik der verlorenen wirtschaftlichen und ideellen Datenhoheit der Internetnutzer an monopolistische IT-Dienstleister oder das wiederholte Vorkommen von Datenleaks und Hack-Angriffen genannt.

Die Blockchain-Technologie stellt gewissermaßen eine Weiterentwicklung des Internets dar, das diese Probleme zu lösen vermag. Ihre technische Gestaltung ist spezifisch auf die sichere, integre Handhabung digitaler Werte ausgerichtet und ermöglicht nicht nur ihre eindeutige, nicht-manipulierbare Zuordnung zu ihrem Berechtigten, sondern auch ihren kryptographisch gesicherten Austausch und Speicherung („Internet of Value“). Hinzu tritt eine Kosten- und Zeitersparnis, die die Technologie auch wirtschaftlich sinnvoll werden und eine weite Verbreitung erwarten lässt.

Diese Vorteile sind vielfach nutzbar. Regierungen untersuchen die Einsetzbarkeit für staatliche Register oder gar die Automatisierung ganzer Verwaltungsvorgänge,[5] Datenschützer prognostizieren den Rückgewinn der informationellen Selbstbestimmung und die wirtschaftliche Ausschöpfbarkeit einzelner Daten durch den Nutzer,[6] im Digital Rights Management träumt man von einer gewinnbringenden Vermarktung einzelner Werke durch Mikropayments und Unternehmen entwickeln auf der Blockchain basierende, selbst-ausführende Computerprogramme, die zur Darstellung und Durchführung von Verträgen genutzt werden können – sog. Smart Contracts.

Bereits diese wenigen Beispiele zeigen, dass die Blockchain-Technologie in den nächsten Jahren eine Vielzahl von Lebenssachverhalten umstrukturieren und durchdringen wird. Hieraus folgt eine ebenso große Fülle an rechtlich hochinteressanten Fragestellungen, die sich mit den unterschiedlichen Anwendungsmöglichkeiten auseinandersetzen. Die rechtswissenschaftliche Diskussion, die sich bislang allenfalls auf die Kryptowährung Bitcoin, eine knappe Darstellung der technischen Funktionsweise und das oberflächliche Aufwerfen einiger Fragestellungen beschränkte, nimmt rasant an Fahrt auf. Spätestens seit letztem Jahr steigt sowohl die Anzahl an Aufsätzen und anderen Publikationen, als auch an Tagungen und Veranstaltungen, die sich mit strafrechtlichen, öffentlich-rechtlichen und zivilrechtlichen Aspekten der Blockchain-Technologie auseinandersetzen.

Eine solche ist auch das Drei-Länder-Treffen der Deutschen Gesellschaft für Recht und Informatik (DGRI), das vom 29. Juni bis 1. Juli 2017 an der Universität Innsbruck stattfinden wird. Hochkarätige Experten aus Recht, Wirtschaft und Verwaltung werden dort in Vorträgen und Diskussionen einen Einblick in die aktuellen Entwicklungen und Problemstellungen geben. Dabei werden sowohl technische, als auch rechtliche und regulatorische Aspekte eingehend beleuchtet. Mehr Informationen sowie das Programm findet sich unter: www.dgri.de/13n373/Veranstaltungen/Tagungen.htm

 

[1] So auch über 800 Branchenexperten im World Economic Forum Survey Report “Deep Shift – Technology Tipping Points and Societal Impact”, Sept. 2015, http://www3.weforum.org/docs/WEF_GAC15_Technological_Tipping_Points_report_2015.pdf, zuletzt abgerufen am 07.06.2017.

[2] Dies ist ein Pseudonym. Der oder die Erfinder sind bis heute unbekannt.

[3] Anzahl der Bitcoins: https://blockchain.info/de/charts/total-bitcoins; Wert einer Bitcoin: http://www.finanzen.net/devisen/bitcoin-euro-kurs, zuletzt abgerufen am 07.06.2017.

[4] International Monetary Fund (IMF) Staff Discussion Note: Virtual Currencies and Beyond: Initial Considerations, Jan. 2016, www.imf.org/external/pubs/ft/sdn/2016/sdn1603.pdf, zuletzt abgerufen am 07.06.2017.

[5] Distributed Ledger Technology: Beyond Block Chain – A report by the UK Government Chief Scientific Adviser, 19.01.2016, abrufbar unter: https://www.gov.uk/government/publications/distributed-ledger-technology-blackett-review, zuletzt abgerufen am 07.06.2017.

[6] Datenschutz durch Blockchain – eine große Chance, ZD 2017, 49-50.

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